Zum Inhalt springen

In 80 Tagen um die Welt – Wie ich mir in Taiwan eine gebrauchte Kamera kaufte

Ich liebe meine Sony RX100. Die Kamera besitzt einfach alles, was für mich (zur Zeit) eine Reisekamera besitzen muss. Sie ist klein, fertigt die digitalen Abzüge in Raw an, hat einen manuellen Modus sowie die gängigen Automatiken; der Autofokus, die Lichtstärke und die nutzbare Brennweite sind ebenfalls absolut okay.

Von daher gibt es für mich zur Zeit keine bessere Kamera, die mit mir auf Reisen gehen könnte. Desto trauriger war meine Stimmung, als ich in Saudi-Arabien merkte, dass die Kamera einen Defekt in sich hat.

In mir wuchs sich eine gewisse Unruhe, schließlich wird die Kamera nicht mehr produziert. Es gibt überall auf der Welt noch ein paar Restbestände der verschiedenen Modellreihen. Allerdings kommen aktuell keine neuen Kameras mehr dazu.

Von daher galt es, den Fehler zu analysieren. Herauszufinden, ob sich ein Neukauf lohnt und zu guter Letzt galt es, einen Shop zu finden, der mir diese Kamera verkaufen kann. Letzteres stellte sich als sehr schwierig heraus. Die Lösung fand sich erst in Taiwan, als ich irgendwie auf LinsCam-Shop gestoßen bin.

Der Endgegner der Sony RX100: Staub und Sand

Ich habe schon einige Sony RX100 Modelle besessen. Angefangen hat alles mit der Sony RX100 M3. Diese Kamera begleitete mich auf unzähligen Bergtouren. Sie hatte viel Kontakt mit Fels und Wasser. Ihre erste ausgiebige Begegnung mit Sand und Staub hatte sie Marokko – später folgte Nepal und die Atacama Wüste von Chile. Irgendwann war sie so stark lädiert, dass ich die Kamera verkaufte und mir eine neue Kamera kaufte. Obwohl die Kamera nicht gerade als robust gilt, hielt sie in meinen Händen sehr lang durch.

Damals legte ich mir die fünfte Auflage der Kamera zu (Sony RX100 M5A). Sie hatte ein halbes Vermögen gekostet. Aber auch bei diesem Modell überzeugte mich die Performance der Kamera. Sie war ebenfalls in vielen Ländern und auf verschiedenen Kontinenten unterwegs. Besonderes Mitleid mit dieser Kamera hatte ich in Ländern wie Laos, Vietnam oder Kambodscha. Hier war es oft nicht nur wahnsinnig staubig, sondern dazu herrschte in diesen Gebieten unseres Planeten eine unvorstellbar hohe Luftfeuchtigkeit.

Wie auch immer, meine zweite Sony RX100 musste so Einiges aushalten. In Stockholm demolierte ich sie das erste Mal. Das war nur wenige Wochen nach dem Kauf. Hier konnte sie noch von einem offiziellen Sony-Partner in Deutschland repariert werden.

In Saudi-Arabien starb sie jedoch langsam ihren zweiten Tod. Das Display fing an zu flackern, wenn ich den Zoom nutzte. Beim Betätigen des Power-Buttons, ging sie gar nicht aus oder darauffolgend mehrmals. Dadurch war sie nur noch selten spontan einsetzbar, da sie sich nicht verlässlich anschalten ließ. Für die Fotografie von Menschen auf der Straße ist das natürlich äußerst unpraktisch.

Je länger wir unterwegs waren, desto schneller nahmen die Probleme der Kamera zu. Es musste schnellst möglich ein Ersatz gefunden werden.

Saudi-Arabien – Endlose suche in Jeddah

Nachdem ich in Riyadh noch der Meinung war, dass das Problem nicht so ernst sein würde, war ich am Ende unseres Roadtrips durch Saudi-Arabien anderer Meinung.

In Jeddah versuchte ich Sony-Händler zu finden, die eine Sony RX100 führten. Wir haben durchaus verschiedene Sony-Shop gefunden, aber keiner der Händler bot auch nur irgendein Modell meiner Kamera an.

Dennoch waren es schöne Ausflüge, wir entdeckten allerhand Ecken in Jeddah, die man als Tourist nicht sehen würde.

Überraschungsfaktor: Indien – sollte ich hier Erfolg haben?

Eigentlich wollte ich vor Indien meine neue Kamera haben. Einerseits wollte ich einen spontanen Defekt vermeiden. In solch einem Fall hätte ich mir eine x-beliebige Übergangskamera kaufen müssen. Wir alle kennen Übergangsjacken und wissen, dass solche Jacken lediglich als Übergangslösung ihre Existenzberechtigung besitzen. Eine Alternative zum spontanen Kauf einer Kamera wäre, alle Motive mit dem Smartphone festzuhalten. Bei meinem alten Billig-Smartphone wäre dies jedoch, meiner Meinung nach, unmöglich gewesen.

Dennoch versuchten wir ebenfalls hier unser Glück. Ein Ladenbesitzer nahm meinen Wunsch sehr ernst. Er hatte zwar keine Sony RX100 vorrätig, kannte die Kamera jedoch und wollte mir unbedingt helfen.

Hier haben wir abermals die unvorstellbar gute Seite an Menschen, die man auf Reisen trifft, kennengelernt. Obwohl wir uns noch nicht lange kannten, bot er mir an, verschiedene Freunde anzurufen und herauszufinden, ob es irgendwo in Delhi eine Kamera zum Verkauf gibt.

Am Abend im Hotel klingelte mein Telefon. Der Händler hielt sein Wort ein und rief mich an. Ich war gespannt, als ich den Anruf annahm. Leider fand er keine passende Kamera für mich.

Es kann doch nicht möglich sein, dass es so schwer ist, eine Sony Kamera zu kaufen? Wie auch immer, auch Indien verließ ich erfolgslos in Sachen „Kamerakauf“.

Dennoch schoss ich mit meiner Kamera einige gute Fotos in Indien. Sie ließ mich nicht im Stich. Gerade bei der Streetphotography fällt man mit solch einer kleinen Kompaktkamera in keiner Weiße auf und wird ebenfalls nicht als Fotograf wahrgenommen. Das eröffnet natürlich ganz andere Situationen und Motive, als man sie mit einer größeren Kamera erleben würde.

Wo, wenn nicht in Bangkok, wird es die Kamera zum Kauf geben …

So dachte ich zumindest. Aber du kannst es dir schon denken: Ich habe keine verkäufliche Sony RX100 gefunden. Die Verkäufer in lokalen Läden oder in den großen Malls, verneinten meine Frage nach der begehrten Kompaktkamera. In manchen Läden stand sie als unverkäufliches Austellungsstück.

Aber auch in Bangkok machte meine defekte Kamera eine gute Figur und ließ mich abermals nicht im Stich. Bangkok ist ein toller Ort, um zu fotografieren. Hier trifft asiatische Tempelkultur auf Moderne und im Dunkeln wird alles mit einem Hauch Cyberpunk versehen.

Ich versuchte mein Glück ein letztes Mal auf dem Flughafen von Bangkok, aber auch hier ging ich leer aus. Und stieg ohne eine neue Kamera in das Flugzeug.

Stresstest: Tempeltour durch Angkor Wat

In Kambodscha habe ich aufgegeben nach einer Kamera zu suchen. Kambodscha gilt als eins der ärmsten Länder Südostasiens. Es wäre zu verrückt, wenn ich hier Erfolg hätte.

Es war schwül. Es war unglaublich heiß und an jede Ecke gab es Staub ohne Ende. So waren die Bedingungen im Kambodscha zur Trockenzeit. Trotz der widrigen Bedingungen, schoss ich mit der Kamera von dem durch Bürgerkriege gebeutelten Land wunderschöne Fotos. Die Natur war einzigartig und die Menschen schienen regelrecht dankbar, als ich sie fotografiert habe und mit ihnen in das Gespräch kam.

An der Kamera gingen die Abenteuer in Kambodscha nicht ohne neue Gebrauchsspuren vorbei. Sie war nun von einem nicht entfernbaren Schleier aus einer hartnäckigen Mischung aus Schweiß und orangefarbenen Staub umhüllt. Sie sah einfach fantastisch aus. Es war – wie meine alte Sony RX100 M3 – eine richtige Abenteuer-Kamera.

Taiwan – Der Kamera Himmel auf Erden

Ich habe nicht mehr in Erinnerung, wie ich auf LinsCam-Shop in Taipei gestoßen bin. Vermutlich habe ich ihren Shop über eine Suchmaschine im Internet gefunden. Vielleicht habe ich den Tipp auf Reddit gelesen? Ich weiß es einfach nicht mehr. Ich habe eine Weile mit Lin über Instagram geschrieben. Somit wusste ich, dass sie zur Zeit einige Sony RX100 in ihrem Geschäft auf Lager hat. Ich könnte mich sogar zwischen verschiedenen Modellen entscheiden. Es war ein Traum. Nach all diesen vielen Shops, die wir besucht hatten, schienen wir dem Ziel recht nah zu sein.

Wie auch immer: Wir waren an einem der ersten Tage unseres Taipei Aufenthaltes auf den Weg zu LinsCam-Shop. Es ist ein ganz kleiner Shop außerhalb des Zentrum von Taipei. Er ist unscheinbar. Beim Betrachten der Details ist er jedoch wieder ganz besonders.

Der Shop wird von Lin geführt. Sie hat ein paar Angestellte, die ihr bei der Arbeit helfen. Ihre Arbeit ist es, gebrauchte Kameras zu kaufen und für den Weiterverkauf aufzufrischen.

Der Laden ist ein einziger Himmel für Fotografen. Sie führt sämtliche Kameras: Point and Shoot, Kompaktkameras, Camcorder, Spiegelreflexkameras, Action-Cams, Vollformat-Kameras, analoge Kameras und so weiter. Ebenso breit ist die Markenvielfalt des Shops: von der GoPro bis zu Leica – hier gibt es Alles zu kaufen.

Als ich den Laden betrat, sah ich sofort einige Sony RX100 in den Glasschränken von Lin stehen. Ich sah mir die Auswahl an und entschied mich dann für meine zukünftige Kamera. 800 EUR.

Die Kamera konnte ich lediglich in Cash zahlen. Also ging es zum nächsten 7eleven, um Geld zu holen. In der Zwischenzeit wurde das Zubehör gecheckt. Mir wurde ein neuer und geladener Original-Akku in die Kamera gesteckt. Die Kamera wurde liebevoll verpackt und letztlich wurde sie mir übergeben. Für mich hatte es sich viel mehr nach Schenken angefühlt hat. Es war toll und nach unzähligen Versuchen des vergeblichen Kaufens hielt ich endlich meine neue (gebrauchte) Kamera in der Hand.

Der wohl schönste Kamera-Laden auf dem Planeten

Ich habe noch nicht viele Kameraläden von innen gesehen. Aber Lin hat hier einen ganz besonderen Ort geschaffen. Während ich gerätselt habe, welches Modell der Sony RX100 ich kaufen werde, sind viele Kunden in den Laden gekommen. Sie haben sich eine Kamera zeigen lassen, Objektive verglichen, mit ihr gequatscht oder einfach nur „Hallo“ gesagt.

Man merkt, dass der Kamera von einer Foto-Begeisterten Person geführt wird. Wir haben einige Zeit über das Fotografieren auf Reisen gesprochen. Von ihren Reisen bringt sie wunderschöne Motive mit, die ihren Laden schmücken. So haben wir erfahren, dass sie schon in der Schweiz und sogar in Deutschland gewesen ist.

Was wir hier noch nicht wussten, dass sich 6 Monate nach dem Kamerakauf unsere Wege auf Island kreuzen sollten. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Nach endlosen Versuchen hielt ich endlich meine Sony RX100 VII in der Hand …

Ich war glücklich, als im gegenüberliegenden 7eleven meiner Kamera in Ruhe auspackte und bestaunte. Sie war wunderschön, obwohl sie letztlich wie meine alte Mark 3 oder Mark 5A aussah.

Der größte Unterschied zwischen meinen vorherigen Kameras liegt in der Brennweite. Die Version 7 hat stattliche 200 mm Brennweite zu bieten. Durch das viele Glas im Objektiv ist sie natürlich nicht so lichtstark. Aber mir war es der Kompromiss wert, die riesige Brennweite in dieser kompakten Kamera auszuprobieren.

Eins der schönsten Fotos habe ich direkt im Anschluss geschossen. Ich muss es innerhalb der ersten 20 Fotos geschossen haben. Es zeigt eine typische ost-asiatische Straße mit vielen bunten Werbeschildern im Hintergrund. Im Vordergrund steht ein Taxi. Die Optik des Bildes wirkt sehr kompakt und durch die Brennweite nahezu gestaucht. Ein Look, den ich mit meiner alten Kamera nicht umsetzen konnte. Ich war fasziniert und fotografierte den restlichen Tag mit wahrscheinlich zu viel Brennweite. 🙂

Schon allein wegen meiner neuen Kamera hat sich der Weg nach Taiwan gelohnt …

… mehr gibt es eigentlich nicht zu schreiben. Es war ein Glücksgriff. Der Laden ist ein Juwel. Die Verkäuferin war so nett und vertraut zu uns. Die Kamera ist in einem neuwertigen Zustand und macht tolle Bilder.

Rückblickend fällt es mir immer noch schwer, für welche Variante der Sony RX100 ich mich nochmals entscheiden würde. Für die 200 mm Brennweite? Unschlagbar auf Reisen. Man ist mit der Kamera so flexibel. Es ist toll.

Oder doch für die lichtstarke Variante 5A? Hier habe ich zwar „nur“ 70 mm. Aber dennoch ist man damit sehr gut ausgerüstet und kann aus jeder Situation das Beste herausholen.

Ich persönlich bin jedoch froh, dass wir den Laden gefunden haben; dass ich die Kamera gekauft habe, dass wir Lin kennengelernt haben und dass wir in Taiwan waren.

Der Weg hat sich auf jeden Fall gelohnt!

P.S.: Ich kann nur hoffen, dass meine Sony RX100 VII so lang hält, bis sich die Geschäftsführung von Sony dafür entschieden hat, eine Mark 8 der Kamera herzustellen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..