Zum Inhalt springen

In 80 Tagen um die Welt – Ein Roadtrip durch Taiwan – Vom populärsten See Taiwans über wilde Straßen in das Gebirge von Ren’ai und nach Jiufen

Egal welchen Reisebericht man sich auf YouTube ansieht oder im Netz liest, immer wird einem der Sun-Moon-Lake im Zentrum von Taiwan und Jiufen empfohlen. Also setzten wir diese beiden Orten natürlich auf die Roadmap unserer Tour.

Während der nächsten Tage wollten wir diesen großen Bereich Taiwans erkunden und uns selbst ein Bild von dem machen, was uns die Reise-Influencer und -Influencerinnen anbieten.

Somit kletterte unser Mietwagen schon bald Meter für Meter die doch recht steilen Anstiege hinauf in die Berge Taiwans.

Die Städte gingen langsam in Dörfer über und der Abstand zwischen den Dörfern wurde immer größer. Man könnte sogar fast von Einsamkeit sprechen. Nach etlichen Kilometern auf kleinen Straßen eröffnete sich für uns der erste Blick auf den Sun-Moon-Lake.

Die Stunde der Wahrheit hatte geschlagen. Kann der Sun-Moon-Lake oder Jiufen, ihr Versprechen eines Paradieses, halten? Eines vorweg: Uns wird ein ganz anderer Ort für eine lange Zeit in Erinnerung bleiben.

Der Sun Moon Lake

Der Sun-Moon-Lake ist eines der touristischen Highlights von Taiwan. Mehrere Millionen Menschen besuchen den See jährlich und so auch wir. Der See liegt mitten in einer malerischen Bergkulisse. Die Berge sind bis an ihre Gipfel bewaldet. Dabei sollte man im Hinterkopf behalten, das die Berge nicht mit den Gipfel der alpinen Berge zu vergleichen sind. Sie erinnern eher an liebliche Gipfel der deutschen Mittelgebirge.

Wir entschieden uns lediglich dafür, einmal den See mit dem Auto zu umrunden. Hier und da hielten wir an und schauten uns verschiedene Tempel oder schöne Abschnitte des Sees an.

Ich habe eine unprominente Meinung über die meisten Reiseinfluencer oder Reiseinfluencerinnen: In der Regel orientieren sie sich bei anderen Reisenden und zeigen oft einfach nur die Standardroute, die durch den Teil eines Landes oder durch das ganze Lande führt.

Soweit so gut. Im veröffentlichten Content wird den Zuschauenden diese Route hingegen als die ganz besondere Route verkauft, die es nur auf diesem Kanal gibt und die schon irgendwie als alternativ oder besonders gilt. Sobald man jedoch selbst durch dieses Land reist, merkt man, dass die Route in jedem Travel-Agency angeboten wird und dadurch sehr gut ausgebaut ist. Im Gegenzug dazu natürlich auch als touristisch eingestuft werden müsste. Soweit ist das ja gar kein Problem, aber dann sollte man diese Route auch nicht als besonders verkaufen. Anyway.

Ich habe sehr weit ausgeholt. Was ich damit sagen möchte: Meiner Meinung nach ist der Sun-Moon-Lake überhaupt nichts besonderes. Tourismus pur. Mich hat der See landschaftlich nicht überzeugt. Jeder bzw. jede der/die schon einmal einen Bergsee vor alpinen Panorama gesehen hat, wird diesen See als recht unspektakulär empfinden.

Zusätzlich teilt man sich die Straße, welche um den See führt, mit sehr vielen anderen Verkehrsteilnehmern. Hier verstehe ich überhaupt nicht, warum von vielen Influencern empfohlen wird, den See mit dem Rad zu umrunden. Zwar gibt es streckenweise auch Radwege, die man nutzen kann. Jedoch fährt man die meiste Zeit auf der normalen und dichtbefahrenen Landstraße.

Die Landstraße führt größtenteils durch dichten Wald. Das bedeutet, von der schönen Aussicht hat man nur in den seltensten Fällen etwas. Der letzte Punkt ist: Als Sporteinheit ist die Route um den Sun-Moon-Lake natürlich fantastisch. Jedoch wird es schier unmöglich sein, ein halbwegs brauchbares Rad in den Orten rund um den See zu mieten. Zumindest haben wir nur sehr „unbequeme“ Räder auf den Straßen gesehen.

Wie auch immer. Mit dem Auto kann man sich den See durchaus ansehen. Für mich war es jedoch kein Ort, der mir groß in Erinnerung bleiben wird. Ich war lediglich froh darüber, das wir hier einen öffentlich Mülleimer fanden, in welchen wir unseren Müll der vergangenen Tage entsorgen konnten. Manchmal sind es die kleinen Dinge, die einen in Erinnerung bleiben werden.

Ein Abstecher in die Bergwelt Taiwans

Ren’ai – Eine kleine Oase mitten im Gebirge

Der kleine Orte Ren’ai war für mich ein Highlight des Roadtrips. Nach dem wir uns den Sun-Moon-Lake und seine Umgebung angesehen haben, fuhren wir mit unseren Mietwagen kurz nach dem Sonnenuntergang vorbei an dem kleinen Städtchen Puli hinein in das Bergdorf Ren’ai.

Auch hier sahen wir die Auswirkungen des Erdbebens, welches vor etwa einer Woche stattfand. Die kleinen Straßen waren teils noch von Geröll verschmutzt. An manchen Orten sahen wir eingestürzte Mauern. Die Straße an sich war schon die dadurch entstandenen Baustellen abenteuerlich. Sie war schmal. In engen Serpentinen wandte sie sich über die Berge.

Irgendwann kamen wir in Ren’ai an und mussten nur noch unsere Unterkunft suchen. Diese hatten wir nach ein paar Minuten und ein, zwei verpassten Einfahrten gefunden. Nun trennte uns lediglich die steilste Abfahrt, die ich jemals mit einem Auto gefahren bin, vom Eingang der Unterkunft. Aber auch diese Hürde meisterte unser Toyoata Sienta.

Die Unterkunft war wunderschön. Es war ein verwunschenes familiengeführtes Hotel. Sie boten in etwa 10 Zimmer an. In der Mitte des Hauses war ein schöner, japanisch anmutender, Garten zu finden. Alle Zimmer hatten eine mehr oder weniger schöne Aussicht auf die sanften Berge der Region. Natürlich vorausgesetzt, dass man die entsprechende Sicht hat. Bei uns war die Bergsicht aufgrund des Nebels eher Mangelware.

Die Einrichtung der Zimmer war passend zum Rest des Hauses. Sie weckte in uns den Eindruck, dass wir uns auf einer Zeitreise zurück in die Zeit von Agatha Christie befanden.

Es war einfach wunderschön. Gern hätten wir hier noch ein paar Nächte mehr verbracht. Dabei sehe ich mich mit einem leckeren Tee und einem spannenden Buch auf der Veranda sitzen. Oder vielleicht sogar sitzend an dem kleinen Schreibtisch, an welchem ich meinen Blick zwischen meiner Tastatur, dem Display des Notebooks und natürlich der grünen Bergwelt Ren’ai’s schweifen lasse.

Im Ort selbst gibt es neben dem Bergpanorama gar nicht viel mehr zu sehen. Aber das benötigt es auch nicht. Hier ist die Bergwelt der Star.

Über enge Straßen hinein in den dichten Nebel zum Wuling Viewpoint

Leider hatten wir während der Zeit in Ren’ai nicht das beste Wetter erwischt. Die Wolken hingen tief und es regnete regelmäßig. Dennoch wollten wir versuchen, einen Teil der alpinen Bergwelt Taiwans zu sehen.

Wir fuhren eine ganze Zeit den Highway 14 in Richtung Hehuanshan. Schon während der ersten Meter wurde uns bewusst, dass wir den Wanderparklatz des über 3000 m hohen Berges wohl nicht erreichen würden. Unser Mietwagen brachte uns tapfer Höhenmeter für Höhenmeter unserem Ziel näher. Leider nahm der Regen ebenfalls gleichmäßig zu.

Ein kurzer Zwischenstopp erheiterte unsere Stimmung jedoch ungemein. Wir hielten kurz nach dem Ortsausgang von Ren’ai an, um über einen kleinen Markt zu laufen. Hier aß ich die wohl leckersten Würstchen, meiner letzten Jahre als Wurstesser gegessen habe. Die Würste waren wirklich lecker. Sie war überaus fettig und schmeckte leicht süßlich und hatte eine ganz dezente Zimt-Note. Sie war einfach perfekt. Passend dazu gab es natürlich kein Brötchen. Die Wurst wurde stilecht an einem Holzstäbchen serviert – quasi Wurst am Stiehl. (Ganz nebenbei möchte ich hier erwähnen, dass ich in u.a. in Thüringen – „dem Bundesland der Thüringer Rostbratwurst“ – studiert habe und mir dadurch durchaus ein Urteil über Rostbratwürste erlauben darf.)

Als wir schon 30 Minuten durch dichten Nebel gefahren sind, verloren wir die Lust weiterzufahren. So beendeten wir unsere Tour am Wuling Viewpoint. Gern hätte ich nun etwas über die atemberaubende Aussicht geschrieben, aber wir haben rein gar nichts gesehen. Außer Nebel. Die Temperatur ist in der Zwischenzeit auf um die 0°C gefallen. Zur Erinnerung in Ren’ai hatten wir ungefähr 15 °C, im Tal etwas 20°C und im Süden Taiwans weit über 30°C. Hier ist uns aufgefallen, welches Temperaturspektrum Taiwan zu ein und derselben Zeit im Angebot hat.

Nach ein paar Minuten am Viewpoint haben wir uns am Nebel satt gesehen und somit rollten wir wieder in Richtung Ren’ai zurück.

Dennoch war es eine schöne Tour, die uns erahnen lassen hat, welche schöne Bergwelt Taiwan zu bieten hat.

Keine Teezeremonie für uns in Jiufen

Während unserer letzten Tage in Taiwan fuhren wir nochmal in den Norden der Insel. Unser Ziel war der unter Touristen populäre Ort Jiufen. Dieser Ort ist bekannt für sein Panorama auf die Küste samt Ozean, seine wohl fantastischen Teehäuser und die charakteristische oder überlaufene Fußgängerzone – je nach Perspektive.

Wir haben uns für eine Übernachtung in Jiufen entschieden und konnten den Ort somit in aller Ruhe erkunden. Nach der Ankunft bemerkten wir jedoch, dass in diesem Ort gar nicht so viel zu entdecken gab. Die überdachte Fußgängerzone war wahnsinnig überfüllt.

Neben der überdachten Fußgängerzone sind uns keine direkten Highlights vor die Augen gesprungen. Dennoch lohnt es sich natürlich sich von den Hotspots zu entfernen und die Gegenden aufzusuchen, in welchen die Einwohner Jiufens leben. Eine Triggerwarnung gibt es jedoch vorab für dieses Unterfangen: Es wird auf jeden Fall bergig. Der Ort schmiegt sich auf eine wunderschöne Art und Weise an die vorherrschende (bergige) Topographie an. Somit muss man immer recht viele Höhenmeter überwinden, um von A nach B zu kommen. Es sei denn, man hält sich lediglich in der Fußgängerzone auf. Hier ist nahezu jeder Meter überdacht und ebenerdig.

Das schöne an unserer Übernachtung war einerseits der fast unbezahlbare Blick aus unserem Zimmer auf die schöne Küstenlandschaft, die sich vor Jiufen erstreckt. Aber auch der Fakt, dass wir uns den Ort anschauen konnten, wenn die meisten Touristen schon wieder weggefahren sind. Gerade in den Abend- und Morgenstunden wird der Charme des Ortes deutlich besser sichtbar als während des Tages.

Insgesamt war der Ort schon seinen Besuch wert. Ich bin mir sicher, dass unser Eindruck ein wenig durch das miserable Wetter betrübt wurde. Aber gerade die vielen Teehäuser sehen wunderschön aus. Der Tee ist zwar wahnsinnig teuer, dabei hat man fast immer einen wunderbaren Blick auf die wunderschöne Küstenlandschaft.

Dennoch hätte ich mir irgendwie einen anderen Abschluss unserer Taiwanreise gewünscht. Vielleicht wäre ein x-beliebiger Ort an der nahe Nordküste lohnenswerter gewesen?

Bye, bye Taiwan …

Am nächsten Morgen ging es für uns direkt zurück nach Taipei. Wir gaben unseren Mietwagen während der Mittagsstunden ab und fuhren just in time per Zug zum Flughafen, um unseren Flug für unser nächstes Abenteuer zu erwischen.

Rückblickend war Taiwan durchaus lohnenswert. Oft lese ich, dass Asien deutlich spannendere Gegenden zu bieten hat und dadurch gilt Taiwan vielleicht nicht als ein passendes Reiseziel für Menschen, die von Asien noch gar nichts gesehen haben und auf ihren ersten Trip die volle Dröhnung aller Klischees bekommen möchten.

Das kann ich jedoch nicht unterstreichen. Ich finde, es lohnt sich für jeden Reisenden oder für jede Reisende.

Klar, das Land hat kein Angkor Wat, keine traumhaften Inseln und keinen Bali-Hype erfahren. Aber es ist authentisch. Es ist ein super ehrliches Land, mit einer guten Infrastruktur, netten Menschen und durchaus tollen Landschaften. Für mich hat sich die Reise nicht nur wegen meiner neuen Kamera gelohnt. Danke Taiwan für die tolle Zeit 🙏

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..