Ich weiß gar nicht, wann mich das erste Mal der Gedanke überkam, nach Istanbul zu reisen. Keine Ahnung. Eins ist jedoch sicher, die Fotografen, Entertainer und Reisenden Feyzi Demirel und Patrick Ludolph hatten mit ihren Istanbul-Reisen einen großen Anteil daran, dass wir eines Tages im Flugzeug nach Istanbul saßen und gespannt waren, wie diese Metropole auf uns wirken wird.
Wie im letzten Beitrag schon beschrieben, hatten wir nur einen sehr kurzen – vielleicht sogar fast zu kurzen – Layover in Istanbul und flogen direkt weiter nach Mardin. Hier konnten wir uns schon einmal auf das Land einstimmen und erarbeiteten uns einen Grundwortschatz, um Cay und Köfte bestellen zu können. Dies sollte uns bei unserem Aufenthalt in Istanbul nicht zum Nachteil werden.
Wir waren also bereit – bereit für die türkische Millionenstadt am Bosporus.
Istanbul empfing uns würdig – es wird abenteuerlich
Ich dachte, in Sachen Reisen sind wir schon einiges gewöhnt und sind in der Lage klassische Anfängerfehler zu vermeiden. Aber so ganz funktioniert es dann doch nicht. Dies bemerkten wir, als wir Probleme hatten, einer jungen Frau quer durch das Parkhaus des Flughafens von Istanbul zu folgen. Eigentlich wollten wir nur wissen, an welchem Punkt wir die Taxis finden können und irgendwie haben wir doch in einem Nebensatz einen Transport in die Stadt „gebucht“. Das Gute war: Rückblickend war es ein normaler Preis und das viel Bessere war: Wir sind in einem Luxury-Mini-Bus durch Istanbul geheizt.
Geheizt trifft es richtig. Auf der Autobahn ist es uns noch gar nicht richtig aufgefallen, aber spätestens als wir durch die engen und noch viel engeren Gassen gefahren sind, merkten auch wir, dass unser Fahrer sein Istanbul in- und auswendig kennt und das Tempo an seinen Kenntnisstand angepasst hat.
So erreichten wir am Abend – nach der abenteuerlichen Anfahrt – unser wunderschönes Air BnB in der Nähe des Galata Turms mitten in Istanbul.
Zwischen den Kontinenten – Istanbul hat Einiges zu bieten
Am nächsten Morgen gab es bei mir natürlich kein Ausschlafen. Ich stand kurz nach dem Sonnenaufgang auf. Mir ließ Istanbul keine Ruhe. Ich musste Istanbul erleben. Ich möchte die Stadt riechen, sehen und spüren. Also schnürte ich meine Schuhe, schnappte mir meine Kamera und holte meine Kopfhörer.
Am ersten Tag ging es für mich zur Galata-Brücke. In den Bildbänden von Feyzi und Paddy bestaunte ich die Fotos von den Anglern an und auf der Brücke. Nun war der Moment gekommen, diese Szenen mit meinen eigenen Sinnen wahrnehmen zu können.
Und tatsächlich standen hier jede Menge Angler. Sie quatschten, spazierten, tranken Tee und angelten natürlich. Auf einmal war ich ein Bestandteil der Szene am frühen Morgen in Istanbul. Es war ein überwältigender Moment für mich. Hier packte mich Istanbul das erste Mal und es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein.
An Highlights fehlt es der Stadt, in welcher West und Ost, das Abendland und der Orient oder einfach nur Asien und Europa verschmelzen nicht. Es gibt zahlreiche Moscheen, Paläste, Märkte und Plätze, die man sich ansehen sollte, wenn man zu Besuch in Istanbul ist.
Diese Highlights haben wir uns natürlich angesehen, denn irgendwie sollte man das Privileg nutzen, solche historisch-wertvollen Orte zu besuchen, wenn man in Istanbul ist.
Somit schauten wir uns mit vielen anderen Reisenden Orte wie:
- Die Blaue Moschee (Sultanahmet-Moschee)
- Hagia Sophia
- Topkapi-Palast
- den Großen Basar von Istanbul
- Galataturm und Galatabrücke
- genossen den Ausblick von der Süleymaniye-Moschee
- und nutzten die günstigen Fähren, um über den Bosporus zu fahren.
All‘ diese Orte waren so magisch und besonders. Dieses Gefühl, welches die Stadt auf mich ausstrahlte, habe ich vorher an kaum einen anderen Ort so intensiv wahrgenommen.
Dennoch suchten wir in Istanbul ebenfalls Orte, die möglichst abseits der ausgetretenen Touristen-Pfade liegen. Und auch in dieser Stadt fanden wir glücklicherweise solch einen Ort.
Tarlabasi – Wahres Leben mitten im Herzen Istanbuls
Wie sollte es anders sein? Wieder einmal waren meine Istanbul-Buddies Paddy und Feyzi bzw. ihre Fotos aus dem Stadtteil dafür verantwortlich, dass ich meine Freundin in diesen Stadtteil „zog“ und wir entdecken wollten, was uns dort erwartet.
Tarlabasi ist ein Stadtteil Istanbuls, in welchem seit den 90er Jahren vor allem Kurdinnen und Kurden wohnen. Seit den letzten Jahren nennen diesen Stadtteil ebenfalls viele Geflüchtete, aber auch Studentinnen und Studenten ihre Heimat. Es wird bunt in Tarlabasi.
Schon nach den ersten Schritten – hinab vom Taksimplatz – ist ersichtlich, dass in Tarlabasi ein besonderer Stadtteil ist. Das Stadtviertel hat seine beste Zeit wahrscheinlich hinter sich oder noch vor sich. Überall bröckelt der Putz von den Fassaden und es sieht an vielen Stellen nicht mehr ganz so frisch aus. Selbst die Polizei traute sich lange Zeit nicht in dieses Viertel, so die Istanbuler.
Dennoch strahlt dieses Viertel einen ganz besonderen Reiz aus. Die Menschen grüßen freundlich zurück und schauen einem hinterher, wenn man an ihnen vorbei gelaufen ist. Man wird freundlich angelacht und nicht selten nach einem kurzen Gespräch zum Tee im heimischen Wohnzimmer eingeladen. Trotz der Sprachbarriere kommt man mit den Menschen schnell ins Gespräch und sie freuen sich darüber.
Ich fand es sehr reizvoll, langsam durch dieses Viertel zu laufen und die Menschen beim Leben zu beobachten. Genau das ist die Art, wie ich mir das Reisen vorstelle. Keine großen Highlights, aber dafür die volle Portion Leben.
Natürlich bin ich nicht nur einmal in diesem Viertel gewesen. Am darauffolgenden Morgen war Tarlabasi noch noch in morgendliche Farben gehüllt. Die Menschen starteten gerade ihren Tag. Sie haben ihre Wohnungen gekehrt, ihre Einkäufe erledigt, die Kinder sind in die Schule gerannt und die Erwachsenen gingen zur Arbeit. Hier findet das wirklich Leben statt und ich war mittendrin.
Solltest du einmal in Istanbul sein, schaue dir auf jeden Fall irgendein Stadtviertel an, in denen wirklich Menschen leben. Das muss nicht Tarlabasi sein, es gibt noch zahlreiche solcher Viertel in Istanbul. Du wirst es auf keinen Fall bereuen.
Der Weg in die Metropole am Bosporus hat sich gelohnt
Ich bin begeistert von dieser Stadt. Sie ist überwältigend: Sie ist laut, schmutzig, verschachtelt, hektisch; aber zu gleich auch ganz magisch, orientalisch, an vielen Orten leise und einfach atmosphärisch. Istanbul wird seine Besucherinnen und Besucher immer auf irgendeine Art und Weise belohnen.
Für mich werden die Momente am frühen Morgen auf der Galata-Brücke ewig in Erinnerung bleiben. Ich habe die Angler beobachtet und mich nicht nur einmal gefragt, wie ihr weitere Tag ablaufen wird. Ebenso eindrücklich waren die Besuche in den vielen Moscheen Istanbuls. Trotz der vielen Besuche, kann man hier die Ruhe genießen. Vor allem vom Gelände des Süleymaniye-Moschee hat man einen wunderbaren Blick auf das Goldene Horn, den Bosporus und natürlich auch auf die Stadt. Ebenso lohnt es sich den asiatischen Teils Istanbul zu besuchen. Die Stadtteile Kadiköy und Üsküdar haben Einiges zu bieten und sind sehr gut mit den zahlreichen Fähren zu erreichen. Das Besondere daran ist, dass man diese Fähren mit seiner Istanbul-Card zahlen kann. So kostet eine Fahrt nur wenige Euro.
Es gibt einfach so viele eindrucksvolle Orte in Istanbul. Es ist überwältigend. Ich habe dabei noch nicht einmal über das islamisch, griechische und armensiche Viertel Balat geschrieben und über die vielen Basare.
Der Weg lohnt sich auf jeden Fall und werde sicherlich nicht das letzte Mal in Istanbul gewesen sein.
Danke Istanbul!