Wer mich kennt, weiß, ich bevorzuge die Nebenschauspielplätze dieser wunderschönen Welt. Die Weltwunder sind super, dass wahre Leben und die waren Wunder finden für mich jedoch in den kleinen Gassen statt. Hier kann man das erleben, wofür es sich (meiner Meinung nach) lohnt zu reisen.
Von daher hieß es für mich: Ab auf das Moped und schnellst möglich vom geteerten Highway auf einen Feldweg abzubiegen. Immer mit dem Ziel im Hinterkopf, Menschen kennenzulernen und meinen persönlichen Horizont zu erweitern.
Neben vielen einprägsamen Begegnungen mit den Menschen Kambodschas, wohnte ich einer traditionellen Beerdigung bei und gab ein kurzes Gastspiel auf einer Hochzeit.
So gab es für mich jeder Menge unvergessliche Momente – und das noch vor dem Frühstück.
Die Menschen in den kleinen Dörfern kennenlernen
Wie schon oft geschrieben, liebe ich es, auf den Reisen Menschen kennenzulernen. Einerseits gefällt es mir, andere sympathische Reisende kennenzulernen. Andererseits finde ich es wahnsinnig interessant, Menschen kennenzulernen, die in den entsprechenden Ländern wohnen.
Diese Menschen gaben mir bisher gern einen kleinen Einblick in ihr Leben. Ein Leben, welches sich meist stark von meinem Leben unterscheidet. Obwohl wir uns den selben Planeten teilen, leben wir einen komplett anderen Alltag. Dieser Gedanke, fasziniert mich jedes Mal auf ein Neues.
Das Interessante daran ist, dass jeder / jede seine / ihre eigene Realität immer als den Normalzustand dieser Welt wahrnimmt. Dieses Leben ist einem bekannt. Ich kann mir kaum vorstellen, in den Realitäten der Menschen dauerhaft zu leben, die ich auf den Reisen kennenlerne.
Ab und an fuhren wir in einen beliebigen Feldweg, welcher von der „Hauptstraße“ abging. Auf den Wegen zu den Dörfern trafen wir regelmäßig Menschen, die auf Mopeds oder Fahrrädern unterwegs waren. In einer Siedlung angekommen, fielen wir schnell auf und kamen mit den Menschen in Kontakt. Egal, ob es Schulkinder waren, die auf ihren Fahrrädern fuhren und im Vorbeifahren winkten. Andere Kinder freuten sich, dass wir sie ansprachen, als sie spielten und waren von meinem Fotodrucker begeistert.
Teils kamen sogar die Menschen zu uns gerannt, um mit uns in Kontakt zu treten. Anscheinend sind nicht viele Reisende daran interessiert, zu sehen oder zu entdecken, wie die Menschen links und rechts von den großen touristischen Attraktionen leben. Desto mehr haben wir uns gefreut, mit dieser stolzen Mutter in Kontakt zu treten, als sie uns stolz ihr Kind und ihr Haus im Hintergrund zeigte. Natürlich fertigte ich ein Portrait von ihr an. Sie war glücklich, als sie den Fotoabzug in ihren Händen hielt. Ich hoffe, dass das Foto einen kleinen Ehrenplatz in ihren gemütlichen Haus erhalten hat.
In einem anderen Dorf trafen wir eine Frau im mittleren Alter, die auf ihre kleinen Kinder aufgepasst hat. Durch ihren unglücklichen Anschein, weckte die Frau in mir ein großes Interesse. Also drehte ich kurzer Hand mit dem Motorroller um, versuchte mit ihr in Kontakt zu treten.
Nach einer freundlichen Begrüßung kamen wir schnell in ein Gespräch. Zuerst lobte ich die schöne Natur, ihr kleines Haus, und ihre spielenden Kinder. Danach fragte ich sie, wie ihr es ginge.
Sie antwortete, dass sie große Schmerzen in ihrer Hüfte hatte, sich kaum bewegen kann und keinerlei Chance auf eine Besserung hätte. Weder konnte sie sich einen guten Arzt leisten, noch die Medikamente bezahlen, die ihre Schmerzen lindern würden, ganz zu schweigen davon, dass sie in den nächsten Jahren auf eine Operation hoffen könne.
Gerade diese letzte Begegnung brachte mich stark zum Nachdenken. Wir leben in einem Land, in dem Zufriedenheit, natürliches Lächeln und Demut – meiner Meinung nach – kaum noch zu finden sind. Trotz dessen, dass das Leben dieser kranken Frau auf absehbare Zeit nicht besser werden wird, hat sie mir gegenüber nicht geschimpft, geklagt oder gebettelt. Sie unterhielt sich mit mir, schilderte mir ihr Leid. Sie freute sich jedoch im gleichen Maße, dass wir uns unterhielten und kennenlernten.
Ich bedankte mich bei ihr für die Bekanntschaft. Wir verabschiedeten uns von einander. Der Fakt, dass wir uns wahrscheinlich nie wieder begegnen werden, ließ mich für den Rest des Tages nachdenklich werden.
Am Abend freute ich mich jedoch darüber, dass dieser Mensch für ein paar Minuten teil meines Lebens wurde und dass ich diese Begegnung für eine lange Zeit in Erinnerung behalten werde und meine Lehrer für mein zukünftiges Leben daraus ziehen werde. Vielleicht ist das der Sinn des Reisens?
–>Wie ich zufällig Gast einer Beerdigungszeremonie wurde
An einem anderen Morgen war ich allein mit dem Moped unterwegs und war auf der Suche nach neuen Abenteuern oder viel mehr neuen Begegnungen mit den Menschen Kambodschas.
Ich fuhr entlang einer Straße, blickte nach links und nach rechts und suchte spannende Motive. Am Horizont sah ich eine Menschenmenge, die weiße Kleider trug auf entlang der Straße lief. Als ich näher kam, hörte ich wunderschön klingende Gesänge. Ich fuhr langsam an der Menschenmenge vorbei. Hier wurde mir bewusst, dass es ein Trauerzug ist. Die Menschen liefen vor unter hinter einem Wagen, auf welchen ein Sarg transportiert wurde. Ein laut schallender Lautsprecher stand ebenfalls auf dem Wagen. Die in weiß gekleideten Menschen, sangen die Lieder, die aus dem Lautsprecher ertönten. Sie klatschten, lachten und weinten zu gleich.
Als ich den Trauerzug überholt hatte, fuhr an den Straßenrand und schaute mir das Spektakel noch einmal an, sie abermals an mir vorbei liefen.
Gedanklich hatte ich mich schon von den Menschen des Trauerzuges verabschiedet. Ich fotografierte die Umgebung und war immer noch auf der Suche nach einem besonderen Moment.
Ich fuhr weiter, blickte nach links und rechts. Ich entschied mich dafür, nochmals einem Abzweig der Hauptstraße zu folgen. Gespannt fuhr ich den Weg im Schritttempo entlang, welcher mich durch ein Spalier aus Palmen führte. Während einem kurzem Stopp hörte ich es wieder: Die mystischen Gesänge des Trauerzugs.
Meinen Ohren nach folgte ich dem Weg, bis ich die Trauerzeremonie vor mir sah. Ich parkte mein Moped ab und näherte mich zögerlich und zurückhaltend der Beerdigungszeremonie.
In Deutschland wäre es sicherlich nicht der beste Schachzug, eine fremden Beerdigung beizuwohnen. Hier in Asien ist es jedoch oftmals überhaupt kein Problem.
Ich möchte die vorherrschende Stimmung nicht als ausschweifend beschreibend, aber durch aus als eine Mischung aus demütig, faszinierend und lebensbejahend.
Nach ein paar Blickkontakten mit den Menschen vor Ort, entschied ich mich dafür, meine Kamera anzuschalten und ein paar Fotos aufzunehmen.
Einige junge Männer entfachten das Feuer. Schon bald brannten die Holzscheite lichterloh, unter welchem sich der Verstorbene befand. Die Menschen vor der Feuerstelle betrachteten das Lodern der Flammen gespannt. Immer wieder wurden verschiedenste Gesänge angestimmt, welche von den Gästen gemeinsam gesungen wurden.
An anderen Stellen des Tempels beteten einige Gäste oder ließen sich von einem Oberhaupt segnen. Es war ein buntes Treiben. Verschiedenste Gäste kamen in weiß gekleidet zur Zeremonie, andere Menschen verließen die Zeremonie.
Ich selbst stand inmitten auf dem Gelände des Tempels. Ließ meinen Blick schweifen. Sah die Menschen, sah das brennende Feuer, sah Kinder spielen und sah Menschen, die nachdenklich in das Feuer sahen.
Hier wurde mir bewusst, durch Zufall stieß ich auf diese Zeremonie und habe abermals ein wunderschönes Abenteuer entdeckt, welches mir hoffentlich ein Leben lang in Erinnerung bleiben wird.
Ein einsamer Tempel mit Mönchen und einer Katze
Überwältigt von den Bildern der Zeremonie setzte ich mich auf meinen Roller und fuhr noch ein wenig über die einsamen Straßen. Die Wege wurden immer schmaler. Auf einmal bekam ich eine kleine Tempelanlage zu Gesicht.
Rein vom Gefühl her war ich schon sehr weit von Angkor Wat entfernt und die Gegend machte den Anschein, dass sich hier hin kein weiterer Tourist verirren würde. Dennoch kam aus dem Nichts ein netter man auf mich zu und wollte mein Ticket sehen. Glücklicherweise hatte ich mein Angkor-Ticket in meiner Tasche und konnte es ihm vorzeigen, so dass er es für den aktuellen Tag lochen konnte. Tag 5 von 7.
Dieser kleiner Tempel war ein Idyll. Die Tempelanlage an sich, sah für mich als Laien wie alle anderen Tempel des Königreich Angkor aus. Der Unterschied war jedoch, dass hier einfach keine Menschenseele war, die sich den Tempel ansah. Ich war einfach ganz allein und erkundete einen Tempel.
Es war eine wunderschöne Stimmung früh am Morgen. Das Licht strahlte durch die zahlreichen Palmen und tauchte alles in einen wunderschönen, warmen Farbton. Es war fantastisch.
In unmittelbarer Nähe der Tempelanlage befand sich ein Tempel, in welchem heute noch Mönche lebten. Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen und spazierte ebenfalls durch diesen Tempel. Immer mit der Hoffnung, vielleicht mit den Mönchen in Kontakt zu kommen. Schließlich habe ich damit in Laos wunderbare Erfahrungen gesammelt*. Dies endete damals darin, dass wir mit einem Mönch in seinem Tempel meditierten.
*Gerade habe ich versucht, den Blogartikel zu verlinken und merkte, dass ich ihn noch gar nicht geschrieben habe. Nach und nach tippe ich sämtliche Reiseberichte in meinen Blog. Versprochen.
Anyway – zurück zum Tempel in Kambodscha. Leider war die Zeit ungünstig. Die Mönche aßen alle an ihrem Tisch. Ich wollte sie nicht stören. Von daher fotografierte ich die Umgebung und genoss die Stimmung des Tempels: Ruhe, Gelassenheit, Gemütlichkeit und natürlich auch irgendwie eine gewisse Spiritualität.
Leben Tür an Tür mit dem Glück junger Menschen und dem Tod
Zufrieden verließ ich den letzten Tempel, startete meinen kleinen Feuerstuhl und tuckerte zurück über die Feldwege, um später auf die Hauptstraße zu treffen, welche mich nach mehrmaligen Abbiegen zurück zur Unterkunft bringen sollte. Das Frühstück wartete quasi schon auf mich.
Wie das Leben in Kambodscha so spielte, geriet ich auf dem Rückweg in eine Hochzeit. Bei dem Fest, welches direkt auf der Straße gefeiert wurde, vermählten sich zwei junge Menschen und wurden von ihren Familien gefeiert.
Wie nah liegt doch Leben und Tod beieinander? Dies wurde mir gerade an diesem Tag noch einmal bewusst. Dabei muss man nicht immer von den Extremfällen ausgehen. An welchem Tag gerät man schon von der Beerdigung in eine Hochzeit? Wohl an den wenigsten Tagen, die man auf diesem wunderschönen Planeten verbringt. Es si den man ist Pfarrer und hat einen vollen Terminkalender. Wichtig in diesem Falle wäre es nur, dass man die vorbereiteten Reden nicht auf der falschen Veranstaltung hält.
Wie auch immer – liegen Glück und Leid nicht immer nah beieinander? Wie oft gerät man in Situationen, die einen wahnsinnig herausfordern? Wurden diese düsteren Etappen durchlebt, werden sie doch oft von ein glücklichen Phase abgelöst.
Vielleicht liegt die Kunst des Lebens darin, es wie die Menschen in Kambodscha zu handhaben? Die Beerdigung wird hier als kleines Fest gefeiert. Die düstere Etappe wird nicht so ernst genommen. Der Ernst wird ihr genommen, in dem man sich weiß kleidet und singt. Alles nicht so ernst nehmen. Probleme akzeptieren und lösen. Demütig sein, wenn die Probleme gelöst wurden. Endlich wieder bereit für das Glück zu sein. Das Glück genießen.
Der Gedanke ist sicherlich kein Neuer. Aber in der Reflexion der Reise, wurde mir hatte ich diese Gedanken immer wieder in meinem Kopf. Vielleicht sind genau diese Gedankengänge meine Learnings von meinem kleinen Ausflug.
Fazit: Ist das der Sinn des Reisen?
Sind solche Begegnungen der Sinn des Reisens? Für mich: ja. Ich liebe es, mir fremde Kulturen anzusehen, das Leben zu beobachten und einen Einblick in andere Lebensperspektiven zu erhalten.
Egal, ob die Bekanntschaft in einem kleinen Dorf, Gespräche mit anderen Reisenden in Hostels, das Beiwohnen einer Trauerzeremonie oder das flüchtige Erleben einer Hochzeit. Alle Situationen bleiben mir in Erinnerung und prägen mein zukünftiges Ich.
Von daher sind es genau diese Momente, die für mich das Reisen ausmachen. Desto demütiger blicke ich auf meine Reisen zurück und spüre eine tiefe Dankbarkeit, dass ich so etwas erleben durfte und natürlich dir davon berichten kann.
Danke!
By the way: Du siehst, auch dieser Weg hat sich wieder einmal gelohnt. Das Besondere lag heute im ganz Kleinen.