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In 80 Tagen um die Welt – Überflutete Dörfer sind in der Trockenzeit eher staubig

Auf den gängigen Blogs etc. habe ich davon gelesen, dass es in der Nähe on Siem Reap schwimmende Dörfer gibt. Nach einer kurzen Recherche haben wir uns für das Dorf Kampong Phluk am See Tonle Sap entschieden. Dieser See ist das größte stehende Gewässer in ganz Südostasien. Wenn man davor steht, hat man viel mehr den Eindruck, dass man an der Küste eines Meeres steht. Die Weite ist unbeschreiblich.

Während der verschiedenen Jahreszeiten schwankt der Pegel des Sees stark. In Regenzeit steigt der Pegel des Sees enorm an, da der See von unzähligen Flüssen, die in den See münden, gespeist wird. Somit tritt der See weiträumig über das Ufer und die umliegenden Dörfer werden komplett überflutet.

Die Bewohner haben sich perfekt an die Gegebenheiten der Natur angepasst: Ihre Häuser wurden auf Stelzen gebaut. Die Wohnhäuser sowie die Gebäude der unverzichtbaren Infrastruktur, wie z.B. Shops, Ärzte und Schulen, sind während der Regenzeit ganz bequem per Boot erreichbar.

Gern wollten wir uns dieses Spektakel ansehen, haben aber in der ersten Planungsphase nicht bedacht, dass wir am Ende der Trockenzeit durch Kambodscha reisten. Von daher waren wir gespannt, wie solch ein schwimmendes Dorf in der Trockenzeit aussehen würde.

Wie so oft: Der Weg ist das Ziel.

Nach ein wenig Recherche fand ich aktuelle Bilder von anderen Reisenden. Auf diesen Fotos wurde deutlich, dass es in Kampong Phluk sehr trocken ist und man wohl kaum noch von einem schwimmenden Dorf sprechen könne.

Wie auch immer und wie so oft: Der Weg ist das Ziel. Somit freuten wir uns trotz dessen auf unsere Landpartie nach Kampong Phluk. Wir verließen Siem Reap mit unserem Motor-Roller und verließen uns auf die Navigations-App, dass sie uns den Weg zum Dorf zeigt.

Die Fahrzeit beträgt etwa 1 Stunde. Wir haben ein paar Mal gestoppt, fotografiert und die Landschaft genossen. Ich schätze, wir waren ca. 90 Minuten unterwegs.

Der erste Teil der Route führt über den Highway 6. Trotz des erhöhten Verkehrs kann man auch hier sehr gut mit dem Roller fahren. Es war entspannt. Nach etwa der Hälfte der Fahrzeit bogen wir rechts ab, um auf eine Gravelroad zu gelangen.

Dieser Weg war wunderschön. Er führt durch die verschiedensten Dörfer. Man ist wieder einmal mitten im Leben der Menschen, die hier wohnen. Gerade in der Nebensaison war hier wirklich wenig los.

Der Grat zwischen guter Tat und Scam ist schmal

Nach der Hälfte der Gravelroad zum See stießen wir auf einem Checkpoint. Von dieser Kontrolle hatten wir schon während unserer Vorbereitung gelesen.

An diesem Checkpoint zahlt man quasi seinen Eintritt für das Dorf. Im Internet habe ich gelesen, dass ein Teil dieses Eintrittes für den Erhalt der Dörfer eingesetzt wird und den Menschen zu Gute kommt. Ein paar Zeilen später las ich, dass der Anteil wohl sehr klein ist und der Großteil des Geldes irgendwo im Nirgendwo versickert.

Der Checkpoint wirkte etwas dubios. Wir haben pro Person 20 Dollar gezahlt und bekamen eine Eskorte zugeordnet. Ein Mann raste auf seinem Motor-Roller vor uns und begleitete uns ins Dorf hinein. Teils verloren wir ihn aus den Augen. Als er dies merkte, wartete er auf uns und gab uns ordnungsgemäß am Bootsanleger ab.

Von Männern, die ihr Leben lebten und mit dem Boot fuhren

Am Bootsanleger angekommen, störten wir zahlreiche Männer dabei, ihr Leben zu leben. Sie saßen auf Stühlen, lagen in Hängematten und genossen die Ruhe. Sie erzählten, schraubten an ihren Mopeds oder schliefen. Mit einem überschaubaren Maß an Motivation versuchten einige Männer, uns einen Bootsfahrer zu organisieren.

Nachdem sie einen Bootsfahrer für uns fanden, versuchten wir sein Boot zu finden. Wir mussten mehrere Höhenmeter hinab zum Fluss steigen – so wenig Wasser führte der Fluss zur Zeit. Nach ein paar Gehminuten fanden wir sein Boot und er versuchte es zu starten. Vorerst blieb es auch beim Versuch. Das Boot startete nicht.

Unser Bootsfahrer verabschiedete sich für einen kurzen Moment von uns. Als er zu uns zurück kam, hatte er einen weiteren Mann im Schlepptau. Dieser junge Mann entpuppte sich nach wenigen Minuten als Mechaniker. Er kroch in den kleinen Motorraum des Bootes und versuchte den Motor zu starten.

Nach ein paar Minuten des Bangens fuhren wir den Fluss entlang in Richtung des Sees. Am Flussufer standen Menschen, die mit Reusen versuchten, Fische zu fangen. Die Mangroven der umliegenden Wälder waren komplett ausgetrocknet und sind in der Trockenzeit viel mehr Wälder.

Nach ungefähr 5-Fahrminuten eröffnete sich der große See Tonle Sap vor uns. Der Wellengang nahm leicht zu und jetzt bekamen wir einen ersten Eindruck von der Größe des Sees. Er war unbeschreiblich groß.

Die Bootsfahrt war ihr Geld nicht wert. Nach schon 5 Minuten sind wir am ersten schwimmenden Haus angekommen. Hier hieß es aussteigen und im besten Fall etwas konsumieren.

Uns wurde regelrecht (aufdringlich) nahe gelegt, dass wir uns Souvenirs kaufen könnten, wir könnten etwas trinken oder etwas Leckeres essen. Mein Anstand befahl es mir, wenigstens eine Coke zu bestellen. Gedacht, getan. Mit der Coke in der Hand schauten wir uns ein wenig auf dem schwimmenden Restaurant um und staunten, welche Kuriositäten man hier bestaunen kann.

Man konnte zahlreiche Souvenirs kaufen, die man sicherlich unter keinen Umständen aus dem Land ausführen hätte dürfen. Es gab sämtlich Produkte, wofür ein Krokodil sterben musste. Egal, ob Geldbörsen, Handtaschen oder ausgestopfte Krokodile.

Außerdem hielten die Besitzer sich in ihrem ‚quasi‘ Keller verschiedenste Krokodile. Der Keller war in zwei Bereiche unterteilt. Dadurch waren die jüngeren Tiere von den älteren Krokodilen getrennt.

Ich war zugleich fasziniert von diesem Ort – schließlich sah ich das erste Mal in meinem Leben lebendigeKrokodile aus nächster Nähe – gleichzeitig war mir der Ort sehr suspekt. Für die Menschen waren die Krokodile Nutztiere, die sie unter widrigsten Bedingungen hielten, um mit ihnen den Touristen mehrfach das Geld aus den Taschen zu ziehen. Man konnte die Krokodile für $5 füttern lassen. Es gab Gerichte aus Krokodilsfleisch. Man konnte sich die verschiedensten Souvenirs kaufen. EEs war einfach ihr Job. Sie verdienten mit ihrem Restaurant und Allem, was ihr Haus beinhaltete, ihren Lebensunterhalt. Es war ein verrückter Ort.

Aber ist es verwerflich? Unter keinen Umständen. Auf jeden Fall keineswegs mehr verwerflich, wie wir unsere Nutztiere halten; wie wir Kleidung in Fern-Ost anfertigen lassen und Menschen in Gefahr bringen oder wie wir nach Kambodscha reisen und somit unseren gemeinsamen Planten nachhaltig schädigen.

Für die Menschen auf dem See, ist das eine gute Möglichkeit, mit den Bedingungen vor Ort Geld zu verdienen.

Eine Abschließende Bitte an die Betreiber des schwimmenden Erlebnis-Restaurants habe ich jedoch: Passt bitte auf, dass keines der Krokodile diesen Keller verlassen kann. 🙂

Mit dem Fotodrucker gegen die Stifte-Verkäuferinnen gewonnen

Nach unserem kleinen Ausflug, der kaum eine Dauer von einer Stunde hatte, standen wir wieder am Bootsanleger. Wir besuchten lediglich dieses eine schwimmende Haus und fuhren den gleichen Weg zurück zum Bootsanleger. Mit viel Enttäuschung im Gepäck fiel mir eine freundliche Verabschiedung unseres Bootsfahrers schwer.

Aber er kann sicherlich am wenigsten dafür, schließlich macht er nur seinen Job. Von daher durfte er sich trotz dessen über ein kleines Trinkgeld freuen.

Noch wussten wir nicht, welches tolle Erlebnis auf dem Platz vor der Schule des Dorfes auf uns wartet.

Wir fuhren vom Bootsanleger zurück in das Dorf. Dieses Mal glücklicherweise ohne Eskorte. Im Dorf selbst, hielten wir an dem großen Platz vor der Schule an. Kaum stiegen wir von unserem Moped ab, kamen schon die ersten Verkäuferinnen auf uns zu gerannt, um uns Stifte und Hefte verkaufen zu wollen.

Wir lasen in der Vorbereitung des Ausflugs von dieser Masche. Die Verkäuferinnen verkaufen an die Touristen Schulsachen. Danach werden die Touristen gebeten, diese Schulsachen in der Schule abzugeben und den Kindern damit eine Freude zu bereiten. Einige der Schulsachen werden danach wieder zurück an die Verkäuferinnen gegeben. Somit können sie die Stifte und Hefte quasi mehrmals an Touristen verkaufen, bevor sie tatsächlich genutzt werden.

An sich ist das eine ganz clevere Masche – aus Sicht der Umsatzsteigerung. Ist ihnen das zu verübeln? Meiner Meinung nach nicht wirklich. Klar wäre es moralisch vorbildlicher, die Gegenstände nur einmal zu verkaufen. Aber wie sollen sie denn sonst ihr Geld verdienen? Auch hier ist meiner Meinung nach der Grat zwischen guter Tat und Scam sehr schmal.

Nach mehrmaligen und beherztem Nein-Sagen, ließen die Verkäuferinnen vorerst von uns ab. Wir konnten uns den Dorf-Tempel ansehen und liefen wieder zurück zur Schule.

Als wir wieder an der Schule ankamen, wurden wir wieder von den gleichen Verkäuferinnen angesprochen und nahezu bedrängt, ihnen etwas abzukaufen. Dieses Mal stellte ich ihnen eine Gegenfrage, ob ich sie fotografieren dürfte. Sie bejahten meine Frage.

Ich zeigte ihnen das Bild auf dem Display meiner Kamera. Sie lachten und sagten, dass es ihnen gefiel. Wenige Minuten später, schenkte ich ihnen den Ausdruck ihres Portraits. Natürlich konnte ich es mir nicht verkneifen, sie ein wenig auf den Arm zu nehmen. Bevor ich der ersten Verkäuferin das Bild schenkte, zeigte ich ihr lediglich den Ausdruck und sagte zu ihr: „For you just $1.“

Wir lachten gemeinsam. Natürlich wollte ich kein Geld von ihnen und schenkte ihnen die Abzüge. Stolz hielt sie den Ausdruck in ihren Händen und betrachtete das Bild. Das Eis war gebrochen.

Kurz darauf eröffneten wir vor der Schule das Fotostudio und fotografierten die restlichen Verkäuferinnen. Sie wichen keinen Moment mehr von unserer Seite. Wir unterhielten uns sehr nett.
Sie erzählten uns jede Menge von ihrem Leben in ihrem Dorf und wollten auch Einiges über unser Leben in Deutschland wissen. Auf einmal waren wir beinahe Freunde und sie wollten kein Geld mehr mit uns verdienen.

Es war wunderschön. Im nächsten Moment entschuldigten sich die Frauen, sie müssten kurz arbeiten. Am Horizont sahen sie einen kleinen Van. Dieser Van würde neue Touristen bringen. Das Geschäft in der Trockenzeit lief nicht wirklich gut, dadurch müssten sie leider jede Chance nutzen, um Geld zu verdienen.

Sie rannten auf den Van zu und kaum war die Tür des Vans offen, begannen die Verkaufsgespräche. Wir beobachteten diese Situation, wie unsere neuen Freunde versuchten, die Touristen abzuziehen. Wir waren glücklich, als wir sahen, dass ihnen ein paar Stifte und Hefte abgekauft wurden.

Glücklich und mit lachenden Gesichtern kamen sie wieder zu uns zurück. Mittlerweile hat es sich im Dorf herumgesprochen, dass wir ausgedruckte Fotos verschenken. Natürlich haben die Frauen ihren Freundinnen und Freunden Bescheid gegeben. Uns machte es Spaß, mit den Menschen in Kontakt zu treten und ihnen eine kleine Freude bereiten zu können. Mittlerweile hatten wir sogar eine Assistentin, sie organisierte alles und wich uns nicht von der Seite. Das Mädchen hatte leider keine Chance die Schule weiter zu besuchen, sie musste arbeiten und Geld für ihre Familie verdienen.

Keine Reise ohne einen Schulbesuch

Nach dem wir alle Erwachsenen abgelichtet hatten, klingelte es zur Pause und die Kinder stürmten aus ihren Klassenzimmern auf die Straße.

Anfangs verhielten sie sich uns gegenüber noch distanziert. Später wurde klar, dass sie ebenfalls ein Foto von sich und ihren Freunden bzw. Freundinnen haben wollten. Natürlich fotografierten wir sie gern.

Es war sehr interessant zu sehen, wie die Kinder ihre Pause verbrachten. Sie spielten Fang-Spiele, unterhielten sich, aßen und lachten gemeinsam. Alles verlief so, wie es wahrscheinlich an den meisten Schulen auf diesem Planeten verläuft.

Später begann der Unterricht und ich hatte Zeit, die Fotos auszudrucken. Als ich die Fotos in die Schule bringen wollte, stellte ich fest, dass es nur eine Lehrerin für 3 Klassenzimmer gab. Ich gab die ausgedruckten Bilder ab und wir verabschiedeten uns von den Kindern.

Mit unvergesslichen Erinnerungen ging es über die staubige Piste zurück nach Siem Reap

Mit einem wunderbaren Gefühl verließen wir das kleine Dorf Kampong Phluk am Tonle Sap See in Kambodscha. Wir haben viele nette Menschen kennengelernt, die uns zumindest für diesen Tag in ihr Herz geschlossen haben. Ich bin mir sicher, dass sie am Abend noch einmal über uns gesprochen haben. Wir haben am Abend ebenfalls noch einmal den Tag Revue passieren lassen und uns über die Menschen aus dem Dorf unterhalten. Uns werden diese Begegnungen hoffentlich ein Leben lang in Erinnerung bleiben.

Mir zeigte es wieder einmal, welche Macht Fotos haben. Das Eis war sofort gebrochen, als wir die Fotos an die Menschen verschenkten. Danach wurden wir ganz anders wahrgenommen. Wir waren in ihren Augen keine Touristen mehr, sondern viel mehr Menschen, mit denen man ein paar Minuten oder Stunden verbringen. Es ist einfach wunderbar, von diesen Menschen als Mitmensch wahrgenommen zu werden.

Auf dem Rückweg nach Sieam Reap hielten wir noch an der ein oder anderen Siedlung an. Selbst mehrere Kilometer vom Seeufer entfernt stehen die Häuser immer noch auf Stelzen. Dadurch wird bewusst, wie viel Wasser es in dieser Region während der Regenzeit geben muss. Es muss gewaltig sein, dieses Dorf mit diesen Wassermassen sehen zu können.

Gleichzeit bemerkten wir jedoch auch, dass während der Regenzeit das Dorf voll mit Touristen sein muss. Am Bootsanleger lagen unzählige Boote, die nur darauf warteten, die Touristen auf den See zufahren. Ich bin mir sicher, dass zur Hauptsaison ebenfalls deutlich mehr schwimmende Häuser auf dem Tonle See schwimmen, um den Besuchern Restaurants etc. anzubieten.

Von daher waren wir rückblickend doch sehr froh, dass wir über staubige Pisten zu dem schwimmenden Dorf in der Trockenzeit gefahren sind. Das schwimmende Dorf ähnelte viel mehr einem Ort, welcher in einer trockenen Steppe liegt – als an ein überflutetes Dorf. Dadurch waren wir an diesem Tag nahezu die einzigen Touristen, welche dem Dorf einen Besuch abstatteten.

Ich denke, in der Hauptsaison hätten wir diese schönen und einprägsamen Begegnungen wohl kaum erleben können. Von daher hat sich der Weg – nicht nur wegen der leckeren Snacks am Wegesrand – gelohnt.

Dankeschön, Kampong Phluk!

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