Die Jordanien-Reise gehört mittlerweile schon fast zwei Wochen der Vergangenheit an. Der deutsche und strukturierte Alltag hat mich schon fest in seinen Bann gezogen. Dazu gehörten nicht nur zwei anstrengende Arbeitswochen mit jeweils 50 Stunden Belastung – sondern auch das allabendliche Aussortieren und Bewerten der Reisefotos.
Das Gefühl, dass man mit der Arbeit an den Fotos nicht vorankommt, betrübt mich jeden Abend, an welchem ich mich kleinschrittig von einigen bzw. dem Großteil der Bilder trennen muss. Gleichzeitig sieht man den unüberwindbaren Berg an noch zu sortierenden Aufnahmen vor sich und könnte im gleichen Moment, die Idee des Reisebildbandes von der ToDo-Liste streichen. Für immer. Irgendwie muss mich in diesem Bereich stark verbessern. Nur wie?
Fotografiert ist schnell, aber das Sortieren der Fotos strengt an. Wer kennt es nicht? Natürlich gehört diese Arbeit zur heutigen Fotografie dazu. Denn das Endprodukt – das fertige Foto an der Wand, im Bildband, auf Instagram oder auf diesem Blog – bereitet mir danach große Laune. Somit lohnt sich die Arbeit für mich auf jeden Fall.
Nach etlichen Stunden des Sortieren und Bewertens in Adobe Lightroom Classic habe ich einen Großteil der knapp 5000 Fotos auf 299 Fotos reduziert. Selbst diese Anzahl an Fotos ist immer noch zu viel für meinen Bildband über die Reise.

Mein Workflow bei der Foto-Sichtung und -Bearbeitung
- Fotos von der SD-Karte auf Notebook kopieren und externe SSD sichern
- Fotos in Lightroom importieren
- Mehrere Durchgänge des Sortierens mittels der Bewertung von ein bis drei Sternen
- Sobald ich bei drei Sternen (drei Bewertungsdurchgängen) angelangt bin, erarbeite ich ein Preset, welches zu meinen Vorstellungen passt.
- Nun werden die Fotos erst einmal mit dem Preset versehen und danach werden Detailanpassungen an den Fotos vorgenommen. Dies kann von Bild zu Bild mehr oder weniger Zeit in Anspruch nehmen.
An sich finde ich den Algorithmus schon ganz gut. Klar, man könnte noch einmal seine Darlings killen, um die Bilder z.B. für einen Bildband in zwei zusätzlichen Runden weiter reduzieren.
Gezielter fotografieren, um Arbeit im Nachhinein zu vermeiden
Ein viel passender Punkt für mich ist aber, mit nur 1000 Fotos die Heimreise anzutreten und nicht mit der fünffachen Menge an Fotografien. Ich muss einfach gezielter fotografieren. So könnte ich mir viel Zeit in der Nachbearbeitung sparen.
Aber gerade bei kurzen und durchaus schnelllebigen Reisen, erfasst mich immer eine Art Fear of missing out. Ich habe ein Gefühl der Angst, bestimmte Motive und Situationen zu verpassen oder vielleicht nicht den richtigen Moment einzufangen. Also drückt man lieber 10x auf den Auslöser, statt gezielt mit dem Motiv zu arbeiten und mit nur zwei Aufnahmen zufrieden zu sein.
Diese Erkenntnis rufe ich mir zu Beginn jeder Reise wieder in Erinnerung. Aber sobald ich im Reisemodus bin, glüht der Auslöser, die guten Vorsätze sind vergessen und es wird fotografiert als ob es kein Morgen gäbe. Somit werde ich auch nach der nächsten Reise wieder mehrmals die zig Hundert Fotos durchsehen, sortieren und bewerten.

Dann doch lieber digital Fotografieren …
Irgendwann werde ich mein Ziel – minimalistisch zu fotografieren – erreichen. Vielleicht mit einer Challenge, jeden Tag nur 30 Fotos zu fotografieren.
Aber ist die Möglichkeit, des nahezu unendlichen Fotografieren nicht der große Vorteil der digitalen Fotografie? Das man nicht mehr auf die Anzahl der verfügbaren Fotos auf dem Film achten muss und ständig die Angst hat, dass der Film voll ist, wenn man das beste Motiv vor der Linse hat?

Unter dieser Betrachtung habe ich dann doch lieber meine SD Karte in der Kamera als einen 36er-Film. Der beste Weg ist wahrscheinlich der goldene Mittelweg und bewusst zu fotografieren. Es zu vermeiden, aus Gewohnheit zwei Mal bei dem selben Motiv auf den Auslöser zu klicken und zu überlegen, ob die drölfzigste Kreuzung es wert ist, fünf Aufnahmen von ihr auf die Speicherkarte zu brennen.
Wie schon geschrieben, irgendwann werde ich es schaffen minimalistisch und bewusster zu fotografieren.