
Wenn man den Begriff „Okinawa“ auf einer der gängigen Bildersuchmaschinen eintippt, werden dir wahrscheinlich Bilder von weißen Sandstränden und einem türkisblauem Ozean angezeigt – doch die Insel hat noch eine ganz andere, kraftvolle Seite: Sie gilt als die Wiege des Karate.
Hier, wo einst das Tragen von Waffen verboten war, entwickelte sich aus der Notwendigkeit eine Kampfkunst, die heute weltweit praktiziert wird. Auf Okinawa ist Karate mehr als Sport – es ist ein Teil der Identität, der Geschichte und des Alltags.
Ich selbst bin als Kind und Jugendlicher jahrelang in eine traditionelle Karate-Schule gegangen und habe diese Kampfkunst erlernt. Mein Lehrer war regelmäßig in Japan und nahm an Karate-Seminaren teil. Er legte seine wichtigsten Prüfungen ebenfalls in Japan ab. Es ist wahrscheinlich, dass man Lehrer damals ebenfalls auf Okinawa gewesen ist, da dieses Dojo okinawanisches Karate lehrte. Wichtig war hierbei immer, dass wir keinen Sport trieben, sondern eine Kunst ausübten.
Von daher ließ ich es mir nicht nehmen, bei dieser Reise den Fokus ein wenig auf meine Vergangenheit sowie die japanische Kampfkunst Karate zu setzen.
Als ich mit einem japanischen Karate-Kämpfer über Karate sprach
In einem anderen Blogpost berichtete ich schon darüber, wie ich mit Usk ins Gespräch kam und wir über Karate sprachen. In diesem Gespräch habe ich einen wirklichen Flashback bekommen. Ich erinnerte mich wieder an verschiedene Techniken, an das japanische Zählen, an Rituale wie das Verbeugen vor einer Kata und sogar an die komplexen Bewegungsabläufe von Katas.



Damals auf Okinawa habe ich mir gesagt, dass ich wieder mit verschiedenen Karate Workouts trainieren wollte. Aber, das habe ich bis jetzt noch nicht umgesetzt. Getreu dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ schiebe ich dies seitdem vor mir her.
Von daher war die Begegnung mit Usk ein wirklich dankbarer Moment. Gleichzeitig genoss ich es, seiner entspannten und bescheidenen Art zuzuhören.
Aus solchen Begegnungen gehe ich immer sehr zufrieden und motiviert heraus. Denn ich finde, meiner Persönlichkeit würden Züge einer solch demütigen, bescheidenen Art durchaus gut tun.
Der Besuch eines Karate Dojos
Spätestens durch die Begegnung mit Usk war mein Interesse an Karate geweckt. Okinawa hat diesbezüglich sehr viel zu bieten. Es gibt einige Karate-Museen, die man besuchen kann und natürlich gibt es auf Okinawa ebenso unzählige Dojos, in welchen Karate gelehrt wird.
Wir haben uns dafür entschieden, die Okinawa Karate Hall zu besuchen. Dieses Dojo beherbergt mehrere Trainingshallen, Seminarräume, ein kleines Museum, einen netten Souvenirshop und eine kleinere Kantine, die die für mich leckerste Soba angeboten hat, die ich auf Okinawa aß.




Was war gleich noch einmal Karate?
Diese Frage bekommt man im Musuem der Okinawa Karate Hall sehr gut erklärt.
Karate entstand auf Okinawa und hat seine Wurzeln in der einzigartigen Geschichte der Insel, die stark von chinesischen und japanischen Einflüssen geprägt ist. Als im 15. Jahrhundert das Tragen von Waffen verboten wurde, entwickelten die Bewohner aus chinesischen Kampfkünsten und einheimischen Techniken eine effektive waffenlose Selbstverteidigung. Daraus entstand das heutige Karate – wörtlich „leere Hand“. Okinawa gilt bis heute als Wiege dieser Kampfkunst, und viele Dojos auf der Insel bewahren die ursprünglichen Traditionen. Karate ist dort nicht nur Sport, sondern auch Teil der kulturellen Identität.
Neben Fachwissen gibt es natürlich jede Informationen, über verschiedenste Karate-Meister, die dem geneigten Besucher oder der geneigten Besucherin vermittelt werden.
Außerdem gibt es ganz lustige Übungen, die man im Museum ausprobieren kann, um auch ein körperliches Gefühl für Karate zu bekommen.


Karate-Training in der Okinawa Karate Hall
Wir hatten das große Glück, dass ein Karate-Training stattfand, als wir uns die Karate Hall ansahen. Somit durften wir dem Training auf der Besucher-Tribüne folgen.
An diesem Training nahmen Karate-Schüler und -Schülerinnen aus den verschiedensten Altersgruppen teil. Sie wiederholten immer wieder einzelne Technikelemente, trainierten ihre Koordination oder entwickelten ihre Kampftechnik mit Hilfe eines Partners oder einer Partnerin.



Eins war immer gleich. Während die Trainer etwas erklärten, herrschte in dieser riesigen Halle mit diesen unzähligen Karateka komplette Stille. Man hätte hören können, wie ein Karateka seinen Gürtel neu gebunden hätte. Hier konnte man sehen, was Disziplin wirklich bedeutete.
Auf den Zuschauerrängen herrschte eine ebenso erstaunliche Disziplin. Die Menschen, die das Training verfolgten waren entweder am Smartphone, unterhielten sich im Flüsterton oder schliefen. Niemand wollte das Training mit den kleinsten Geräuschen stören. Das Publikum war sehr durchmischt. Von jungen Menschen bis wirklich alten Menschen war auf den Zuschauerrängen jede Altersstufe vertreten.
Und dann war ja noch die leckere Soba …
Letztlich verbrachten wir in der Okinawa Karate Hall mehr Zeit als wir anfänglich wollten. Einerseits lag es daran, dass sich Naha zu diesem Zeitpunkt von seiner nassesten Seite zeigte: Es stürmte und regnete unvorstellbar intensiv. Somit waren wir quasi dazu gezwungen, hier unsere Zeit zu verbringen.
Somit besuchten wir nach dem Training die (japanisch) schlichte Kantine. An einem Automaten kaufte man sich eine Essensmarke für Getränke und Essen. Diese Essensmarke gab man in der Küche ab und bekam alsbald das leckere Essen.
Ich sage euch eins, ich hatte an diese Kantine keine hohen Erwartungen. Hier sollte ich mich jedoch komplett täuschen. Es war die beste Soba, die ich je gegessen habe. Die Brühe war so lecker, das Stück Schweinefleisch war toll gebraten. Obwohl ich kein großer Liebhaber von toten Tieren bin, hat es wirklich sehr gut geschmeckt. Es war vorzüglich. Vor der Karate Hall stürmte und regnete es, die Welt drohte unterzugehen. Zumindest drohte die Karate Hall im Wasser zu ertrinken. Und wie er ging es mir: Ich aß solch ein leckeres Gericht auf Okinawa.



Dort, wo der Geist der leeren Hand lebendig bleibt – Okinawa kann es halt
Es war eine fantastische Idee, auf Google Maps nach Karate Dojos und Museen zu suchen. Mit dem Besuch der Okinawa Karate Hall fanden wir ein für uns sehr authentisches Dojo mit Museum und der wohl weltbesten Kantine.
Wir verbrachten hier bei dem gemütlichsten Regenwetter, einen wunderbaren Vormittag, der bei mir die Lust auf Karate neu erweckt hat. Dabei war es unter keinen Umständen das Thema des Kampfes oder des Sportes, der mich begeisterte, sondern die Kunst. Es war die überall vorherrschende Disziplin, die Ordnung und der Respekt. Egal, ob es darum ging, die Schuhe auszuziehen (egal ob Karateka oder Besucher) als man das Dojo betrat oder um die pure Aufmerksamkeit, die Schüler und Schülerinnen ihren Lehrern bzw. Lehrerinnen schenkten.



Es war einfach eine wunderschöne und unvergessliche Atmosphäre, die in diesem Gebäude herrschte.
Ein Gedanke kommt mir erst beim Schreiben dieses Textes in den Sinn. Vielleicht sollte ich sogar dafür dankbar sein, dass mich meine Eltern damals in der Karate-Schule des Nachbardorfes anmeldeten. Denn ohne diesen Input, den ich in meiner Kindheit und Jugend erhielt, hätte ich dieses Erlebnis einerseits nicht wertschätzen können und andererseits wäre ich vielleicht niemals auf den Gedanken gekommen, ein Dojo in Japan auf Okinawa zu besuchen.
Eins steht auf jeden Fall fest: Sollte ich nochmals durch Japan reisen, werde ich auf jeden Fall abermals versuchen, ein Karate-Dojo zu besuchen, Menschen beim Training zu zuschauen und zu versuchen, mit den Menschen in Kontakt zu kommen.