
Natürlich galt es nicht nur die Stadt Naha zu entdecken, sondern auch die ganze Insel Okinawa. Für diesen Ausflug haben wir uns ein Auto gemietet und sind innerhalb eines Tages von Naha zum nördlichsten Punkt der Insel (und wieder zurück) gefahren.
An diesem Tag hatten wir tolle Erlebnisse, sahen wunderschöne Landschaften, erlebten die Kultur Okinawas und konnten sogar einen Buckelwal mit unseren eigenen Augen sehen.
Auf solch einen kleinen Roadtrip sieht man natürlich viele verschiedene Regionen und kann ich sich einen Eindruck davon machen, wie die Menschen auf der Insel Okinawa leben. Eins kann ich vorweg nehmen, es gab wirklich viel zu sehen.
Wie ich den Karate-Kämpfer Usk auf der Festung von Nakagusuku traf …
… ihn fotografierte und mit ihm über Karate sprach.
Bevor es zu dieser netten Bekanntschaft kam, beginnen wir jedoch ganz von vorn. Wir haben die Nakagusuku Festung nicht an dem Tag des Roadtrips besucht. Sie liegt jedoch auf der Route und würde ich den Roadtrip an die nördlichste Spitze Okinawas noch einmal unternehmen, würde ich zuallererst an der Festung von Nakagusuku halten.
Wir fuhren auf den Parkplatz der Festung und schon hier viel mir Usk auf. Er zog mit Bedacht seinen Karate-Anzug an, nahm seinen Stock und ging in Richtung Eingang. Schon allein durch diese Szene, die ich aus unserem Auto beobachtete punktete Japan mit maximaler Punktzahl. Wie verrückt kann Japan sein? Ich sah einen japanischen Karate-Kämpfer in der Geburtsregion dieser japanischen Kampfkunst. Für mich war klar, ich musste irgendwie mit ihm ins Gespräch kommen und ihn natürlich auch fotografieren.


Als wir unsere sieben Sachen gepackt hatten, folgten wir seinen Schritten und schauten uns ebenfalls die Festung an.
Die Festung von Nakagusuku ist eine der beeindruckendsten Burgruinen Okinawas und ein bedeutendes Relikt der Ryūkyū-Dynastie. Erbaut im 15. Jahrhundert unter dem lokalen Herrscher Gosamaru, diente sie als strategische Verteidigungsanlage gegen rivalisierende Fürstentümer. Die geschwungenen Steinmauern, meisterhaft ohne Mörtel errichtet, zeugen von der hohen Baukunst jener Zeit. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Festung von der japanischen Armee als Beobachtungsposten genutzt, erlitt jedoch schwere Schäden durch die Kämpfe. Heute zählt Nakagusuku zum UNESCO-Weltkulturerbe und bietet mit seinen Ruinen und der spektakulären Aussicht einen faszinierenden Einblick in die bewegte Geschichte Okinawas.




Nach und nach liefen wir durch die Anlage der Festung und schließlich bot sich für mich die Möglichkeit, mit Usk ins Gespräch zu kommen. Ich bat ihn um ein Foto von ihm. Natürlich willigte er ein und schließlich kamen wir ins Gespräch. Ich erzählte ihn über meine Zeit als Karate-Schüler in Deutschland und wir waren beide erfreut, als sich zeigte, dass wir zwei Shotokan-Karate-Schüler sind. Wobei er schon seit Jahren Karate lernt und ich vor (naja) fast 20 Jahren damit aufgehört habe. Aber dennoch spürten wir eine Verbindung zwischen uns und waren uns sympathisch.
Wir erzählten eine ganze Weile und er führte mir ein paar Katas vor. Ich nutzte die Vorführung wiederum dafür, um ihn dabei zu fotografieren. Nachdem wir uns die Fotos angesehen haben, unsere Instagram-Kontakte austauschten, verabschiedeten wir uns von einander.


Das schöne an dieser Begegnung ist, dass ich noch heute noch regelmäßig mit ihm in Kontakt stehe. Bald werde ich ihn nach seiner Adresse fragen, da ich auf meinen Schreibtisch einige Abzüge von seinen Portraits liegen habe, welche ich gern nach Japan – genauer auf Okinawa – senden möchte. Und wer weiß, vielleicht begegnet man sich noch einmal in diesem Lebe?
Die Nakamura Residence und die nette Frau, die uns die Geschichte der Shisa Statuen erzählte
Auch diese Sehenswürdigkeit haben wir uns an einem anderen Tag angesehen, aber man hätte die Nakamura Residence durchaus mit dem Roadtrip in den hohen Nord Okinawas verbinden können.
Die Nakamura Residence auf Okinawa ist ein beeindruckendes Beispiel traditioneller Ryūkyū-Architektur und bietet einen Einblick in das Leben wohlhabender Bauernfamilien im 18. Jahrhundert. Das Haus, umgeben von einer Steinmauer und üppigem Grün, besticht durch sein rotes Ziegeldach, hölzerne Schiebetüren und eine kluge Bauweise, die es vor Taifunen schützt. Beim Betreten fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt – ein stiller Ort, der die Geschichte und Kultur Okinawas lebendig werden lässt.



In dieser Art Freilicht-Museum hätte ich gern noch mehr meiner Zeit verbracht. Es war wunderschön. Die vielen kleinen Räume, der schöne Innenhof und der inspirierende Garten haben es einen wirklich leicht gemacht, die Zeit zu vergessen und ins Träumen zu geraten. Vielleicht hätte ich hier meine erstes Buch geschrieben?








Im Souvenirshop sprachen wir einige Zeit mit der überaus netten Verkäuferin. Sie hörte uns sehr interessiert zu, als wir über unsere Reise erzählten und wollte einiges über Deutschland wissen. In solchen Momenten bin ich nach der Verabschiedung immer sehr melancholisch und bin traurig darüber, dass wir diesen netten Menschen wahrscheinlich nie wieder sehen werden. Wir werden nicht wissen, wann es der Person gut geht, wann sie Hilfe benötigt und wie sie ihren Alltag erlebt. Sie war nur für einen Bruchteil unserer Lebens ein Teil des selbigen. Dies stimmt mich sehr nachdenklich. Aber vielleicht ist das Kennenlernen und Verabschieden von Menschen, denen wir auf Reisen begegnen, eine wichtige Perspektive des Reisen?
Wer weiß. Diese nette und zuvorkommende Frau wird uns jedoch noch einige Zeit in Erinnerung bleiben. In ihrem kleinen Shop kauften wir uns handgemachte Shisa.



Auf Okinawa wachen vor vielen Häusern zwei löwenähnliche Statuen – die Shisa. Sie stammen aus der chinesischen Mythologie und sollen das Haus schützen. Dabei hat der eine Shisa den Mund offen, um böse Geister zu vertreiben, während der andere ihn geschlossen hält, um Glück und positive Energie zu bewahren. Früher ein Zeichen von Wohlstand, sind sie heute ein fester Bestandteil der Okinawa-Kultur. Egal ob kunstvoll oder kitschig – Shisa sind die unermüdlichen Wächter der Insel.
Als sie uns diese nette Story erzählte, mussten wir natürlich zwei dieser sympathischen Beschützer für unsere Wohnung kaufen. Seit dem leben diese kleinen Löwen in unserer Wohnung und verleihen ihr einen gewissen Okinawa-Charme. Nebenbei dienen sie natürlich als ein schönes Souvenir, welches uns an die nette Frau im Souvenir-Shop der Nakamura Residence erinnert.
Auf dem Weg zu einigen der ältesten Menschen der Welt
Im Norden von Okinawa liegt Ogimi, ein kleines Dorf, das als eine der berühmten „Blue Zones“ der Welt gilt – Orte, an denen Menschen besonders alt werden. Hier scheint die Zeit langsamer zu vergehen, während die Bewohner ein aktives Leben führen, sich gesund ernähren und starke soziale Bindungen pflegen. Mit seiner entspannten Atmosphäre und faszinierenden Geschichten über Langlebigkeit ist Ogimi ein inspirierendes Reiseziel für alle, die das Geheimnis eines langen Lebens entdecken wollen.



Ja, so schön hätte werden können. Aber wir haben in diesem Ort keinerlei Menschen getroffen. Dennoch war es schön zu sehen, wie die Menschen auf dem Land leben, in welchen Häusern die Menschen leben und wie sie zum Beispiel ihre Gärten gestalten.
Wir spazierten durch das kleine Dorf und unternahmen eine kurze Wanderung auf einen kleinen Aussichtspunkt. Leider sahen, wir auch hier keinen einzigen Menschen.
Fakt ist natürlich auch, dass die Blue Zone lediglich auf die älteren Menschen bezogen ist. Die heutige Generation an Menschen lebt ebenfalls deutlich ungesünder, als es die Generationen vor ihnen getan haben.





Abenteuer am Kap Hedo – Nördlicher geht es nicht und Wal’iger wird es nicht mehr
Nach dem wir uns Ogimi angesehen hatten, fuhren wir immer weiter der Westküste entlang in Richtung Norden. Unser Ziel war das Kap Hedo.
Kap Hedo ist der nördlichste Punkt von Okinawa und bietet atemberaubende Ausblicke auf das endlose Blau des Ostchinesischen Meeres. Rau und ungezähmt ragen die Klippen in den Himmel, während die Wellen spektakulär an den Felsen brechen. An klaren Tagen reicht der Blick bis zur Nachbarinsel Yoron.



Wir unternahmen auch hier wieder einen kleinen Hike. Es war ein Donnerstag im April und aus diesem Grund rief mich mein Freund an. Jeden Donnerstag telefonieren für ein paar Minuten gemeinsam und werten die aktuelle Woche aus. Es ist ein wunderschönes Ritual, welches wir mittlerweile sicherlich 5 Jahre pflegen.
Wie ich schon geschrieben habe, waren wir an einem Donnerstag am Kap Hedo und somit klingelte auch an diesem Tag mein Handy. Ich nahm das Gespräch an und telefonierte sicherlich 30 Minuten mit meinem besten Freund, welcher sich am anderen Ende der Welt – in Deutschland – befand. Sein Tag begann, unser Tag war schon fast vorüber. Also schaute ich auf den Ozean und genoss es, die für mich bekannte Stimme wahrzunehmen und hörte mir die Neuigkeiten aus der Heimat gespannt an.
Auf einmal stand ich auf und schilderte meinem Freund, welcher mit seinem Auto in sein Büro fuhr, was ich sah: Direkt vor unseren Augen spielte ein Buckelwal im Wasser. Er sprang, er drehte sich und wiederholte diese Spielereien sicherlich für zehn Minuten, bevor ich ihn in den Weiten des Ostchinesischen Meeres aus den Augen verlor.
Mein Smartphone klemmte ich zwischen mein Ohr und meiner Schulter ein, um während des Telefonierens fotografieren zu können. Parallel dazu rief ich meine Freundin herbei, dass sie dieses wunderschöne Naturschauspiel nicht verpasste.




Somit habe ich am nördlichsten Punkt der kleinen Insel Okinawa meinen ersten Wal gesehen. Es war wunderschön. Die vorabendliche Sonne tauchte die Landschaft und das Wasser in wunderschöne Farben. Der Naturpark war nahezu menschenleer. Es gab quasi nur uns, viel Ruhe, den Wal und meinen besten Freund am Ende der Welt.
Es war ein einfach wunderschöner Moment.
Ein ereignisreicher Tag wird mit Root Beer und einem Burger beendet …
Zu jedem guten Roadtrip gehört ein Burger oder vielleicht sogar zwei Burger.
Naja, eigentlich sollte das so nicht sein. Zumal wir uns in einer Blue-Zone befanden, in der es oberste Maxime sein sollte, sich gesund zu ernähren.
Auf Okinawa ist die amerikanische Kultur besonders ausgeprägt, da die Insel nach dem Zweiten Weltkrieg unter amerikanischer Verwaltung stand und bis 1972 ein US-Territorium war. Diese lange Präsenz hat tiefe Spuren hinterlassen, sowohl im Alltagsleben als auch in der Gastronomie. Besonders auffällig ist die Präsenz von A&W Burgerhäusern, die 1963 auf Okinawa ihren ersten internationalen Standort eröffneten. Das Fast-Food-Restaurant, bekannt für sein Root Beer und seine klassischen Burger, wurde zu einem Symbol für den westlichen Einfluss und ist bis heute in vielen Städten der Insel ein beliebter Anlaufpunkt.



Und somit war A&W auch ein bevorzugter Anlaufpunkt, um den Tag bei einem leckeren Abendessen Revue passieren zu lassen. Es gab leckere Burger, knackige Fritten und Root Beer. Dieses Getränk ist eine Art Mischung aus Almdudler und Cola. Es wird in einem großen Bierglas mit einer Kugel Eis und Sahne servierte. Mehr Kalorien kann man wohl kaum mit einem Getränk aufnehmen.
Aber egal, wahrscheinlich werde ich in der Zukunft nicht so oft bei A&W Burger ein Root Beer trinken. Von daher kann man es als legitime Ausnahme ansehen. Die Stimmung in den Fastfood-Läden war toll. In der Regel waren sie gut besucht, es wurde recht laut japanisch gesprochen, alle lachten und aßen ihre Burger.



Dies war ein passender Abschluss von einem sehr schönen Roadtrip-Tag. Wir haben einen ganz guten Überblick über die Kultur von Okinawa bekommen, wunderschöne Natur gesehen, Zeit mit einem Wal verbracht und neben einer netten Frau sogar einen japanischen Karate-Kämpfer kennengelernt.
Von daher hat sich der Weg, von der Beantragung der Führerschein-Übersetzung, über die Suche des Mietwagen-Unternehmens bis hin in den hohen Norden Okinawas gelohnt. Nicht zu vergessen sei natürlich A&W Burger. Schon allein deswegen hat sich der Weg um die halbe Welt nach Okinawa gelohnt.