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4 In 80 Tagen um die Welt – Ein Besuch in der Okinawa Karate Hall

Wenn man den Begriff „Okinawa“ in eine der gängigen Bildersuchmaschinen eingibt, erscheinen wahrscheinlich Bilder von weißen Sandstränden und türkisblauem Ozean. Doch die Insel hat noch eine ganz andere, kraftvolle Seite: Sie gilt als die Wiege des Karate.

Hier, wo einst das Tragen von Waffen verboten war, entwickelte sich aus der Notwendigkeit eine Kampfkunst, die heute weltweit praktiziert wird. Auf Okinawa ist Karate mehr als Sport – es ist Teil der Identität, der Geschichte und des Alltags.

Ich selbst habe als Kind und Jugendlicher viele Jahre in einer traditionellen Karate-Schule trainiert. Mein Lehrer reiste regelmäßig nach Japan, nahm an Seminaren teil und legte seine wichtigsten Prüfungen dort ab. Wahrscheinlich war er auch auf Okinawa, da unser Dojo okinawanisches Karate lehrte. Besonders wichtig war dabei immer: Wir betrieben keinen Sport, sondern übten eine Kunst.

Darum ließ ich es mir auf dieser Reise nicht nehmen, den Fokus ein wenig auf meine Vergangenheit und die japanische Kampfkunst Karate zu legen.

Als ich mit einem japanischen Karate-Kämpfer über Karate sprach

In einem anderen Blogpost habe ich schon darüber berichtet, wie ich mit Usk ins Gespräch kam und wir über Karate sprachen. Dabei erlebte ich einen echten Flashback: Ich erinnerte mich an verschiedene Techniken, an das japanische Zählen, an Rituale wie das Verbeugen vor einer Kata – und sogar an die komplexen Bewegungsabläufe der Katas selbst.

Damals auf Okinawa nahm ich mir vor, wieder regelmäßig mit verschiedenen Karate-Workouts zu trainieren. Bis heute habe ich das jedoch nicht umgesetzt. Getreu dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ schiebe ich es seitdem vor mir her.

Umso dankbarer war ich für die Begegnung mit Usk. Gleichzeitig genoss ich es, seiner entspannten und bescheidenen Art zuzuhören.

Aus solchen Begegnungen gehe ich immer sehr zufrieden und motiviert heraus. Denn ich finde, meiner eigenen Persönlichkeit würden Züge einer solch demütigen, bescheidenen Art durchaus guttun.

Natürlich musste ich nun ebenfalls ein Karate Dojo besuchen

Spätestens durch die Begegnung mit Usk war mein Interesse an Karate wieder geweckt. Und Okinawa hat diesbezüglich einiges zu bieten: Es gibt mehrere Karate-Museen, die man besuchen kann – und natürlich unzählige Dojos, in denen Karate gelehrt wird.

Wir haben uns dafür entschieden, die Okinawa Karate Hall zu besuchen. Dieses Dojo umfasst mehrere Trainingshallen, Seminarräume, ein kleines Museum, einen netten Souvenirshop und sogar eine kleine Kantine – dort habe ich die für mich leckerste Soba gegessen, die ich auf Okinawa probieren durfte.

Was war gleich noch einmal Karate?

Karate entstand auf Okinawa und hat seine Wurzeln in der einzigartigen Geschichte der Insel, die stark von chinesischen und japanischen Einflüssen geprägt ist. Als im 15. Jahrhundert das Tragen von Waffen verboten wurde, entwickelten die Bewohner aus chinesischen Kampfkünsten und einheimischen Techniken eine effektive waffenlose Selbstverteidigung. Daraus entstand das heutige Karate – wörtlich „leere Hand“. Okinawa gilt bis heute als Wiege dieser Kampfkunst, und viele Dojos auf der Insel bewahren die ursprünglichen Traditionen. Karate ist dort nicht nur Sport, sondern Teil der kulturellen Identität.

Neben diesem Fachwissen erhält man im Museum auch zahlreiche Informationen über die verschiedensten Karate-Meister, die den Besuchern nähergebracht werden.

Und nicht zuletzt gibt es auch unterhaltsame Übungen, die man selbst ausprobieren kann – so bekommt man ein direktes körperliches Gefühl für Karate.

Karate-Training in der Okinawa Karate Hall

Wir hatten das große Glück, dass gerade ein Karate-Training stattfand, als wir die Karate Hall besuchten. So konnten wir von der Besuchertribüne aus zusehen.

Auf der Trainingsfläche standen Schüler und Schülerinnen verschiedenster Altersgruppen. Immer wieder wiederholten sie einzelne Technikelemente, übten ihre Koordination oder verfeinerten ihre Kampftechnik mit Hilfe eines Partners bzw. einer Partnerin.

Eines war immer gleich: Sobald die Trainer etwas erklärten, herrschte in der riesigen Halle mit all den Karateka absolute Stille. Man hätte hören können, wie jemand seinen Gürtel neu band. Hier wurde deutlich, was Disziplin wirklich bedeutet.

Auch auf den Zuschauerrängen herrschte eine erstaunliche Ruhe. Die Menschen, die das Training verfolgten, waren entweder am Smartphone, unterhielten sich im Flüsterton oder schliefen sogar – doch niemand wollte das Training mit unnötigen Geräuschen stören. Das Publikum war bunt gemischt: von ganz jungen bis hin zu sehr alten Menschen war jede Altersstufe vertreten.

Und dann war ja noch die leckere Soba …

Letztlich verbrachten wir in der Okinawa Karate Hall deutlich mehr Zeit, als wir ursprünglich geplant hatten. Einerseits lag das daran, dass sich Naha an diesem Tag von seiner nassesten Seite zeigte: Es stürmte und regnete so heftig, dass wir quasi gezwungen waren, unsere Zeit hier zu verbringen.

Nach dem Training gingen wir in die schlichte, typisch japanische Kantine. Am Automaten kaufte man sich eine Essensmarke für Getränke oder Essen, gab sie in der Küche ab und erhielt kurz darauf sein Gericht.

Ehrlich gesagt hatte ich an diese Kantine keine großen Erwartungen. Doch ich wurde komplett überrascht: Es war die beste Soba, die ich je gegessen habe. Die Brühe war unglaublich aromatisch, das Stück Schweinefleisch perfekt gebraten. Obwohl ich kein großer Liebhaber von Fleisch bin, hat es mir hervorragend geschmeckt.

Während draußen Sturm und Regen tobten und die Karate Hall fast im Wasser zu versinken schien, saß ich drinnen und genoss eines der leckersten Gerichte meines Lebens – auf Okinawa.

Dort, wo der Geist der leeren Hand lebendig bleibt – Okinawa kann es halt

Es war eine fantastische Idee, auf Google Maps nach Karate Dojos und Museen zu suchen. Mit dem Besuch der Okinawa Karate Hall fanden wir ein für uns sehr authentisches Dojo mit Museum und der wohl weltbesten Kantine.

Wir verbrachten hier, bei gemütlichem Regenwetter, einen wunderbaren Vormittag – und bei mir erwachte die Lust auf Karate neu. Dabei war es keineswegs der Kampf oder der Sport, der mich begeisterte, sondern die Kunst. Es war die allgegenwärtige Disziplin, die Ordnung und der Respekt. Ob beim Schuheausziehen – ganz gleich, ob Karateka oder Besucher – oder in der puren Aufmerksamkeit, die die Schüler und Schülerinnen ihren Lehrern entgegenbrachten: überall spürte man diesen Geist.

Es war einfach eine wunderschöne und unvergessliche Atmosphäre, die in diesem Gebäude herrschte.

Ein Gedanke kommt mir erst jetzt beim Schreiben dieses Textes: Vielleicht sollte ich sogar dankbar sein, dass meine Eltern mich damals in die Karate-Schule des Nachbardorfes angemeldet haben. Ohne diesen Input in meiner Kindheit und Jugend hätte ich dieses Erlebnis wahrscheinlich weder so wertschätzen können – noch wäre ich vielleicht je auf die Idee gekommen, ein Dojo in Japan, auf Okinawa, zu besuchen.

Eins steht jedoch fest: Sollte ich nochmals durch Japan reisen, werde ich ganz sicher wieder versuchen, ein Karate-Dojo zu besuchen, den Menschen beim Training zuzusehen und vielleicht sogar mit ihnen in Kontakt zu kommen.

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