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In 80 Tagen um die Welt – Ein Roadtrip durch Taiwan – Entlang der Ostküste zur Taroko Schlucht und nach Hualien

Natürlich wollten wir uns nicht nur die Hauptstadt Taiwans ansehen, sondern das ganze Land erkunden. Also machten wir uns in Taipeh auf die Suche nach einer Autovermietung – und fuhren schließlich mit einem japanischen Wagen vom Hof. Taiwan lässt sich hervorragend mit dem Auto bereisen: Die Insel erstreckt sich von Nord nach Süd über gerade einmal 400 Kilometer, von der Ost- bis zur Westküste sind es nur rund 150 Kilometer. Das entspricht in etwa der Fläche von Baden-Württemberg – oder, für alle Saarländer, dem 14-Fachen ihres Bundeslandes. Ein Vergleich, der zeigt, dass man Taiwan in einem überschaubaren Zeitraum tatsächlich umrunden kann.

Genau das war unser Plan. Als ich den Schlüssel ins Zündschloss unseres Toyota Sienta steckte, der Motor ansprang und wir langsam Taipeh hinter uns ließen, begann unser Roadtrip: mit vielen Eindrücken aus der Hauptstadt im Gepäck – und voller Vorfreude auf eine wunderschöne, uns noch völlig unbekannte Insel.

An der Ostküste wird das Geld im Schlaf verdient

Ich finde es immer aufregend, die ersten Kilometer in einem neuen Mietwagen und in einem mir unbekannten Land zurückzulegen. Wie fließt der Verkehr? Welche besonderen Regeln gibt es? Und wie fühlt sich der Wagen an?

In Taiwan war alles bestens. Unser Mietwagen hatte zwar schon einige Kilometer auf dem Tacho und war recht einfach ausgestattet, doch in den rund zwei Wochen bereitete er uns keinerlei Probleme. Es war ein schönes Gefühl, in Asien mit einem japanischen Auto unterwegs zu sein – einem Modell, das ausschließlich hier verkauft wird.

So entspannt wie die ersten Kilometer verliefen, ging es auch weiter. Nach etwas mehr als einer Stunde Fahrt erreichten wir unser erstes Ziel. Obwohl wir Taipeh schnell hinter uns gelassen hatten, änderte sich das Bild vor unseren Augen zunächst kaum: Wir fuhren von einer Siedlung in die nächste, ohne klare Unterbrechungen.

Erst kurz nach Luodong an der Ostküste wurde es spürbar ländlicher und grüner. Endlich bekamen wir einen ersten Eindruck von der schönen Natur Taiwans.

Nur wenige Kilometer später erreichten wir Nanfangao – einen beschaulichen Fischerort an der Ostküste. Der Ort ist eine spannende Mischung: traditionelles Dorf, Strandbad und zugleich Standort großer Fischerei-Unternehmen. Gerade diese Kombination macht Nanfangao interessant – und irgendwie typisch ostasiatisch.

Unser erster Weg führte uns jedoch hinaus in die Natur. Die Küstenabschnitte erinnerten mich an einen Drehort der Serie LOST. Es war einfach faszinierend, wie sich die Brandung des Pazifiks an den Felsen brach. Eine Szenerie, die ich so zuvor noch nie mit eigenen Augen gesehen hatte.

Aber wie habe ich an der nördlichen Ostküste mein Geld im Schlaf verdient? Gar nicht. Doch ich habe einen Menschen kennengelernt, der genau das tat – im wahrsten Sinne des Wortes.

Als wir das Tofu Cape besichtigen wollten, stellten wir unseren Mietwagen auf einem Parkplatz ab. Nur wenige Meter entfernt stand ein kleines Häuschen mit vergittertem Fenster. Da ich die traditionellen chinesischen Schriftzeichen nicht deuten konnte, ging ich näher heran – vielleicht konnte man hier die Parkgebühren bezahlen.

Plötzlich öffnete sich das Fenster. Ich erschrak, denn direkt vor mir war niemand zu sehen. Mein Blick fiel ins Leere. Erst beim zweiten Hinschauen entdeckte ich ein Gesicht, das knapp über dem Fensterbrett zu mir aufsah. Der Mann hatte sein Bett genau auf Höhe des Fensters aufgebaut und lag dort, als er meine Parkgebühr entgegennahm. Ich gab ihm das Geld, wir lächelten uns kurz an – und er legte sofort wieder den Kopf aufs Kissen und schloss das Fenster.

Wie genial ist das bitte? Er verdient sein Geld im Schlaf. Ich wusste, dass asiatische Menschen kreativ und einfallsreich sind – aber so sehr? Ich fand es großartig und sympathisch zugleich. Hätte ich Mandarin gesprochen, hätte ich ihm eine gute Nacht gewünscht. So blieb es bei einem „Bye, bye“ – und dem Gedanken, wie sich dieses Geschäftsmodell wohl nach Deutschland importieren ließe.

Die wunderschöne Ostküste Taiwans

Nachdem wir uns am Tofu Cape kurz die Beine vertreten hatten, führte unsere Route weiter entlang der Ostküste Taiwans Richtung Süden. Die felsige, von sattem Grün durchzogene Küste fiel steil in den Pazifik ab – immer wieder unterbrochen von wunderschönen, sandigen Buchten. Mit dem sinkenden Sonnenstand tauchte das warme Licht des Abends die Landschaft in eine fast magische Stimmung.

Zwischendurch passierten wir kleine Ortschaften, in deren Umgebung wir sogar einige Reisfelder entdeckten. Ein idyllischer Abschnitt unseres Roadtrips, der uns besonders in Erinnerung geblieben ist.

Vorerst ließen wir die Taroko-Schlucht hinter uns, um zunächst in unsere Unterkunft in Hualien einzuziehen – einer Stadt mit rund 100.000 Einwohnern.

Pizza und Rostbratwurst essen in Hualien

Unsere Wohnung lag in einem kleinen Wohngebiet nahe des Zentrums. Nach einigem Hin und Her in den engen Straßen hatten wir sie schließlich gefunden. Schnell war alles bezogen, und wir nutzten die letzten Stunden des Tages, um das Stadtzentrum zu Fuß zu erkunden und ein Restaurant fürs Abendessen zu suchen.

Unsere Wahl fiel – eher zufällig – auf ein italienisches Restaurant. Leider ein Fehlgriff: Die Preise waren horrend hoch, die Pizza winzig und geschmacklich miserabel. Zum Glück hatten wir nur eine bestellt. Sie kostete ein kleines Vermögen und hatte mit Italien ungefähr so viel zu tun wie eine asiatische Nudelsuppe mit Pasta Bolognese. Aber gut – was hatten wir erwartet? Wir waren in Asien.

Auf dem Rückweg stießen wir auf einen Streetfood-Stand, der Sandwiches mit einer Art Bratwurst verkaufte. Quasi die „Thüringer Rostbratwurst Taiwans“. Und was soll ich sagen? Sie war zwar ebenfalls nicht billig, dafür aber richtig lecker. Wir kamen mit dem Verkäufer und einigen Kunden ins Gespräch, tauschten uns über die Wurstkultur unserer Heimatländer aus und lachten gemeinsam. Dieses Abendessen entsprach deutlich mehr unserem Geschmack – und versöhnte uns mit Hualien.

Hualien: Das Tor zur Taroko-Schlucht

Am nächsten Morgen schaute ich mir Hualien bei Tageslicht an. Für viele Reisende ist die Stadt das Basislager, um die Taroko-Schlucht zu erkunden – und auch wir nutzten sie genau dafür. Doch Hualien entpuppte sich als durchaus fotogen. Die vielen kleinen Sträßchen werden zwar regelmäßig von belebten Hauptstraßen durchschnitten, dennoch wirkte das Viertel, in dem wir wohnten, gemütlich. Alles hatte diesen typischen ostasiatischen Charme – wenig verwunderlich, schließlich befanden wir uns in Ostasien. Am Horizont ragten bereits die ersten Berge des Zhongyang-Shanmai-Gebirges auf, in dem die Taroko-Schlucht liegt.

Ganz in der Nähe unserer Wohnung begann eine Fußgängerzone mit zahlreichen Geschäften. Am frühen Morgen waren diese zwar noch geschlossen, doch es war spannend zu beobachten, wie Hualien erwachte: Menschen erledigten ihre ersten Einkäufe, kehrten die Gehwege oder brachten ihre Restaurants wieder in Schuss.

Noch wussten wir nicht, dass nur wenige Tage später ein schweres Erdbeben Hualien erschüttern würde. Zum Glück befanden wir uns dann nicht mehr in der Stadt am Fuße des Zhongyang-Shanmai-Gebirges.

Beeindruckende Natur in der Taroko Schlucht

Die Taroko-Schlucht ist Teil des gleichnamigen Taroko-Nationalparks. Er gilt als ältester Nationalpark Taiwans und wurde bereits 1937 während der japanischen Kolonialzeit gegründet.

Der Eingang zur Schlucht liegt unscheinbar auf Meereshöhe. Doch schon kurz darauf windet sich der berühmte Central Cross-Island Highway durch die Taroko hinauf ins Zentralgebirge Taiwans, das „Zhongyang Shanmai“.

Auf den rund 20 Kilometern, die man mit dem Auto durch die Schlucht fährt, gibt es unzählige Eindrücke zu bestaunen: spektakuläre Marmor- und Granitklippen, tiefe Schluchten und smaragdgrüne Flüsse, die sich in endlosen Kurven durch das Gestein schlängeln.

Natürlich kann man die Schlucht nicht nur mit dem Auto durchqueren. Am Straßenrand beginnen zahlreiche Wanderwege, die zu Tempeln oder in die beeindruckende Natur führen.

Wir fuhren den Highway bis zum Ende der Schlucht und legten unterwegs mehrere Stopps ein, um verschiedene Tempel und Schreine zu besichtigen. Auch die ein oder andere kleinere Wanderung unternahmen wir. Dabei beobachteten wir Einheimische, die sich in einem Naturpool erfrischten. Das klingt vielleicht etwas zwielichtig, aber tatsächlich sahen wir ihnen einfach dabei zu, wie sie die steilen Felsen hinabkletterten und sich – vollständig bekleidet – in einen der Pools legten, die der Fluss Liwo über Jahrtausende in das Gestein geschliffen hat.

Die Ostküste Taiwans – überraschend, unspektakulär und doch wunderschön

Diese Worte beschreiben für mich den Charakter der Ostküste – vielleicht sogar ganz Taiwans. An manchen Stellen wirkt die Küste unscheinbar, im nächsten Moment fasziniert sie mit unerwarteter Schönheit. Eins ist jedoch sicher: Der Weg lohnt sich. Hinter jeder Ecke wartet etwas Neues, und wie so oft liegt der Zauber im Unscheinbaren.

Nachdem wir uns von der Taroko-Schlucht und Hualien verabschiedet hatten, setzten wir unsere Reise nach Süden fort. Unser nächstes Ziel: der Kenting-Nationalpark und der gleichnamige Ort Kenting.

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