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In 80 Tagen um die Welt – Vom Fernweh ins Hier und Jetzt: Unsere Rückkehr nach Hause

Es waren zwar „nur“ zweieinhalb Monate, die wir unterwegs waren, und doch überkam uns ein seltsames Gefühl, je näher wir der Heimat kamen. Die letzten Kilometer unserer Weltumrundung legten wir mit einem Mietwagen zurück. Auf der Autobahn hatten wir viel Zeit, über die Reise nachzudenken – und darüber, was sie mit uns gemacht hatte.

Vielleicht war es genau dieser Strom an Gedanken, in dem ich mich verlor, der mich davon abhielt, das Gaspedal durchzudrücken. Im Gegenteil: Mit meiner gemächlichen Fahrweise versuchte ich, die Reise um jede mögliche Sekunde zu verlängern. Denn eines war sicher: Sobald wir zuhause die Tür aufschließen, ist die Reise vorbei.
Oder vielleicht doch nicht?

Vom Ankommen und in Erinnerungen schwelgen

So kam es, dass wir den Ortseingang unseres Wohnortes passierten – und auf einmal wieder „zuhause“ waren. Wir parkten den Mietwagen vor unserer Wohnung. Rund um uns herum war alles ganz gewöhnlich. Für uns aber war dieser Moment alles andere als gewöhnlich. Denn hier und jetzt endete einer unserer Lebensträume: unsere Weltreise über fünf Kontinente in 80 Tagen.

Diesen besonderen Moment durchlebten wir ausgerechnet an einem so alltäglichen Ort: unserem Zuhause. Wir nahmen unsere Taschen, holten den Wohnungsschlüssel von meiner Schwester ab und standen wenig später im Fahrstuhl, der uns gemächlich zur Wohnungstür brachte. Wir schlossen auf – und waren zurück in unserem alten Leben.

Wir stellten die Taschen ab, schlossen die Tür hinter uns. Und dann war da: Leere. Es war zu Ende. Wir waren wieder zuhause. Die Reise – sie schien endgültig vorbei zu sein.

Im Nacken saß bereits das Gefühl, sich wieder für den Alltag bereitzumachen. Funktionieren zu müssen.

Doch vorerst wollten wir einfach nur ankommen und unseren melancholischen Rückblick ein wenig genießen.

Für mich bedeutete das zunächst: den Mietwagen zurückbringen. Gemeinsam mit meiner Schwester fuhr ich in die nächste Stadt, gab das Auto ab und kehrte mit ihr zurück. Es war schön, die ersten Momente des Ankommens mit ihr zu teilen und nicht nur am Telefon zu erzählen, wie es war.

Als der Mietwagen abgegeben war, hatten wir endlich die Gelegenheit, uns in Ruhe dem Auspacken zu widmen. Dabei ging es weniger darum, unsere Kleidung zu sortieren – auch wenn sich davon einiges angesammelt hatte. Während der letzten Tage in New York hatten wir schließlich nicht mehr gewaschen.

Viel wichtiger war uns an diesem Abend, all unseren Souvenirs Aufmerksamkeit zu schenken. Wer es noch nicht weiß: Ich liebe Souvenirs. Je schrulliger, desto besser. Mein Traum ist es, im Alter einen riesigen Schrank voller kleiner Dinge zu besitzen. Und wenn ich mir eines davon in die Hand nehme, sollen sofort die passenden Erinnerungen, Momente und Geschichten wieder lebendig werden.

Wir kauften Souvenirs in Ägypten, Saudi-Arabien, Indien, Thailand, Kambodscha, Taiwan, Japan, auf Hawaii und in New York. Abenteuer, die nun zwar der Vergangenheit angehören, aber in unseren Gedanken bis in alle Ewigkeit weiterleben.

Zwei Souvenirkäufe fallen mir besonders ein, weil sie mit einer schönen Stimmung und Erinnerung verbunden sind.
Zum Beispiel die Holzmaske aus Thailand: gekauft in einem dunklen, kleinen Fähranleger, von dem wir am Ende keine Fähre erwischten – dafür aber einen wunderschönen, unvergesslichen Sonnenuntergang erlebten.


Oder die kleinen, aber schweren Messingfiguren aus Jaipur in Indien: Es war laut, eng, stickig warm und es roch nach Abgasen. Mitten in diesem Gewimmel entdeckten wir einen winzigen Straßenladen und kauften dem Besitzer – einem Mann in unserem Alter – drei kleine Figuren ab. Genau solche Erinnerungen gibt es gratis zu jedem Souvenir dazu.

Sicherlich eine Stunde lang packten wir unseren extra in Taiwan gekauften Souvenirkoffer aus, betrachteten die Mitbringsel und tauchten wieder in die Momente ein, in denen wir sie gekauft hatten. Es war ein wunderschöner, unvergesslicher Abend.

Unvergesslich? Ja – denn an den Rest des Tages kann ich mich kaum erinnern. Er war ohnehin nicht mehr lang, da wir erst am Abend angekommen waren. Vermutlich gab es noch schnell eine Pizza, bevor wir voller Melancholie ins Bett fielen. Von nun an hieß es, sich damit abzufinden, dass unsere langersehnte – und vielleicht einmalige – Reise der Vergangenheit angehörte.

Ist die Reise wirklich zu Ende? Ein Versuch die Frage zu beantworten, ohne eine Antwort zu finden.

Das ist eine gute Frage – genauso wie die Frage: „Was bleibt von der Weltreise?“

Um sie zu beantworten, muss ich ein wenig ausholen. Im Jahr 2021 wollten wir mit meinem Camping-Caddy bis ans Nordkap fahren. Doch in jenem Sommer sind wir dort nie angekommen. In Nordschweden erlitt mein Auto einen Getriebeschaden, der sich vor Ort nicht spontan reparieren ließ. Also fuhren wir – sehr schaltfaul – vom nördlichen Ende der Ostsee zurück nach Hause und ließen das Auto hier instand setzen.

Was ich aus dieser Reise gelernt habe? Das lässt sich leicht sagen. Erstens: Mein Gefühl für Entfernungen hat sich komplett verändert. Getreu dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ habe ich erfahren, wie weit man sich an nur einem Tag von zu Hause entfernen kann und dass man diese Strecke natürlich auch wieder zurückfahren kann. Von meiner Haustür führt in jede Region unserer tollen Welt ein Weg, den ich man gehen kann.

Plötzlich machten mir auch Fahrten von mehreren Tagen in eine beliebige Himmelsrichtung nichts mehr aus. Diese Tour hat für mich völlig neue Maßstäbe gesetzt, was Distanzen angeht.

Das zweite Learning war: Man kann Probleme fast immer unterwegs lösen. Natürlich gelingt das leichter, wenn man gut vorbereitet ist. Aber auch ohne große Vorbereitung wächst man mit seinen Aufgaben – und kann plötzlich auftretende Schwierigkeiten meistern.

Diese eine Reise im Jahr 2021 hat mir enorm viel Selbstvertrauen für zukünftige Abenteuer gegeben und genau das hat sich auch auf unsere Weltreise ausgewirkt. Wir wussten, dass unterwegs Herausforderungen warten würden und dass wir sie bewältigen könnten. Außerdem hatten wir das große Glück, dass wir im Notfall jederzeit, egal von welchem Ort auf der Welt, nach Hause fliegen konnten, ohne dass uns das finanziell aus der Bahn geworfen hätte. Natürlich war das kein Wunschszenario, aber allein die Option im Hinterkopf gab uns Sicherheit.

So konnten wir mit einem sehr entspannten Gemüt auf unsere Weltreise starten. Wir hatten aus vergangenen Reisen gelernt, dass man vieles schaffen kann und dadurch jede Menge Selbstvertrauen getankt.

Ein zweiter Versuch, die Frage zu beantworten

Nein, die Weltreise ist noch nicht zu Ende. Am 80. Tag unserer Reise hätte ich diese Frage jedoch ohne Zögern bejaht.

Aus heutiger Sicht kann ich allerdings sagen: Wir sind noch mitten in unserer niemals endenden Weltreise. Auch wenn ich jetzt gerade am Wohnzimmertisch sitze, hinter meinem Notebook – irgendwie bin ich doch noch unterwegs. Irgendwie bin ich immer noch Reisender. Unsere Heimat, unser Land, unser Kontinent und die ganze Welt hat noch viele spannende Ort, die es zu erkunden gilt.

Vor knapp einer Woche sind wir von unserer letzten Tour zurückgekommen – einem Roadtrip durch den Balkan – und haben das große Privileg, uns jetzt schon auf die nächste Reise freuen zu können, die wir in etwa acht Wochen antreten werden.

Reisen als Lebensgefühl: Einmal unterwegs, immer unterwegs

Ich sehe mich jedoch nicht nur als Reisender im klassischen Sinn. Wenn wir uns auf den Weg machen, geht es uns nicht in erster Linie um Erholung oder darum, irgendwo fernab eine neue Komfortzone zu finden. Vielmehr suchen wir die Begegnung mit fremden Menschen, das Sammeln neuer Eindrücke und das Eintauchen in unbekannte Kulturen. Wir wollen andere Lebensrealitäten kennenlernen. Ein Stück unseres Lebens mit den Menschen teilen, denen wir unterwegs begegnen. Ich möchte ein Leben lang von meiner mentalen Einstellung so offen gegenüber anderen Menschen bleiben, dass es mir immer Freude bereiten wird, fremde Menschen kennenzulernen.

Entdecken, Erleben, Verändern: Das Reisen als Weg zur persönlichen Veränderung

Auf unseren Reisen lernen wir viele Menschen kennen. Besonders unvergesslich sind die Begegnungen mit denen, die in den Regionen leben, die wir bereisen und uns in Gesprächen von ihrem Alltag und ihrer Lebensrealität erzählen. Sei es der Junge aus Nepal, der seinen Drachen steigen lässt, oder der freundliche Mann aus dem Oman, der uns sein Haus und Dorf zeigte. Auch die Momente, in denen wir mit großer Gastfreundschaft empfangen werden, bleiben mir tief im Herzen. So durften wir mitten auf den Straßen Delhis leckeres Gebäck von einem Mann geschenkt bekommen.

Aus solchen Erfahrungen lernen wir, uns unterwegs einfach treiben zu lassen. Das bedeutet, das Land, die Stadt – oder besser gesagt die Umgebung – auf sich wirken zu lassen. Auf diese Weise entstehen die eindrucksvollsten Momente. Wir sind jedes Mal erstaunt, mit welcher Fürsorge, welchem Respekt und welcher Freundlichkeit wir behandelt werden. Genau das ist eine wichtige Erkenntnis unserer Reisen: Die meisten Menschen sind herzlich und freuen sich über den Austausch mit Fremden. Dabei sollte es aber nicht bleiben, wir wollen diese Gastfreundschaft auch in unserer Heimat leben und weitergeben. Seit wir reisen, ist das ein fester Vorsatz, den wir versuchen umzusetzen, wann immer wir Menschen begegnen. Wir wollen den Ort, an welchem wir uns gerade aufhalten, zu einem besseren Platz machen. Schließlich kann man nie freundlich genug sein und irgendwann sorgt das Karma dafür, dass wir all das Gute zurückbekommen.

Außerdem spüren wir, dass unsere Toleranz und Akzeptanz durch das ein oder andere Erlebnis durchaus positiv beeinflusst wurde. Durch den vielfältigen Kontakt und die vielen Perspektiven, die wir in Gesprächen erfahren, erweitert sich auch unser eigener Horizont. Meiner Meinung nach ist es eine wertvolle Tugend, fremde Rituale und Lebensweisen nicht sofort zu bewerten, sondern sie wirken zu lassen. Toleranz zu entwickeln, ohne sie mit der eigenen Lebensrealität zu vergleichen und abzuwerten. Das Ziel ist ein offenes, tolerantes Mindset – die Fähigkeit, andere Lebensentwürfe wahrzunehmen, zu akzeptieren und zu respektieren. Dieses Mindset lässt sich auch im Alltag leben und kann so unsere Umwelt positiv beeinflussen.

Mein abschließender Versuch der Antwort

Ja, die Weltreise im Jahr 2024 ist endgültig vorbei. Was jedoch bleibt – und wahrscheinlich niemals enden wird – ist die Haltung, ein Reisender oder eine Reisende zu bleiben. Auch wenn wir uns natürlich nicht jeden Tag unseres Lebens auf einer Reise befinden, kann man den Geist des Reisens tagein, tagaus im Alltag leben.

Es ist eine wunderbare Eigenschaft eines Menschen, anderen uneigennützig zu helfen, ihnen freundlich zu begegnen und ein tolerantes Leben zu führen. Genau das versuchen wir jeden Tag aufs Neue zu leben.

Daher haben wir auf unseren Reisen – und natürlich ganz besonders auf der Weltreise – viel gelernt, wie wir die Haltung eines Reisenden auch im Alltag aktiv umsetzen können.

Nach der Reise ist vor der Reise

Eigentlich wäre das ein ideales Schlusswort für diesen Blogpost gewesen. Doch beim Überlegen, ob ich die letzten Sätze so stehen lasse, ertappe ich mich dabei, wie ich diese Zeilen schreibe.

Die ersten Tage nach unserer Rückkehr versuchten wir, den Alltag wieder aufzunehmen. Zum Glück kamen wir am 30. April 2024 in Deutschland an und hatten am nächsten Tag frei. So startete unser Arbeitsleben erst einen Tag später. Den 1. Mai nutzten wir, um unsere Rucksäcke auszupacken, unseren Familien erste Eindrücke von der Reise zu erzählen und irgendwie unseren Kopf klarzumachen: Morgen beginnt das alte Leben wieder.

Am 2. Mai stand ich wieder im Klassenzimmer meiner Klasse. Der Empfang war herzlich, wunderschön – und irgendwie auch ein bisschen chaotisch. Sicher war an diesem Tag nur eins: Unterricht habe ich nicht gegeben. Es gab jede Menge Mitbringsel zu verteilen, verspätete Geburtstagsgeschenke entgegenzunehmen und natürlich viele Geschichten zu erzählen. So wurde das Ankommen zu einem sehr angenehmen Erlebnis.

Doch trotzdem war unsere Reise nun vorbei. 80 Tage waren wir unterwegs – nicht nur an reibungslosen Tagen, sondern auch an solchen, an denen es galt, Probleme zu lösen, Konflikte zu bewältigen, ausgearbeitete Pläne über Bord zu werfen und neue zu schmieden.

Dennoch bleibt mir diese Zeit zu 100 Prozent als eine sehr positive Erinnerung. Ich bin dankbar, dass wir diesen Schritt gegangen sind und für einen Moment dem Alltag entfliehen konnten.

Eines ist für mich schon jetzt sicher: Das war mit Sicherheit nicht die letzte Reise in diesem Ausmaß. Ich möchte mich auf jeden Fall noch einmal auf eine solch ausgedehnte Reise begeben – vielleicht wieder mit dem Flugzeug, vielleicht mit eigenem Fahrzeug oder sogar zu Fuß.

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