Zum Inhalt springen

Irland im Februar – Von einer leeren Bibliothek, Poesie, James Joyce und vielen Pubs

Natürlich wollten wir uns auch Dublin, die Hauptstadt Irlands, ansehen. Den Schwerpunkt unserer Reise hatten wir jedoch eher auf kleinere Ortschaften gelegt. Deshalb entschieden wir uns, lediglich einen Nachmittag und den frühen Abend in dieser schönen Stadt zu verbringen, die für ihr traditionsreiches Trinity College und ihre unzähligen Pubs bekannt ist.

Am Nachmittag fuhren wir mit unserem Mietwagen ins Zentrum, ohne große Pläne – außer, die Bibliothek des Trinity Colleges zu besichtigen. Während unseres Besuchs stellten wir jedoch fest, dass Dublin noch viele weitere lohnenswerte Seiten zu bieten hat. So machten wir beispielsweise eine sehr schöne Bekanntschaft in der Fußgängerzone.

Wir kamen mit wenigen Erwartungen und verließen die Stadt mit dem Gefühl, unbedingt noch einmal zurückkehren zu müssen. Dublin hat einfach einen ganz besonderen Vibe.

Die bücherleere „Old Library“ am Trinity College

Das Auto stellten wir schnell in einem Parkhaus ab und machten uns bei bestem Licht an einem milden Februarnachmittag auf den Weg zum Trinity College in Dublin. Schon nach wenigen Minuten, während wir durch die klare, kühle Luft spazierten, fiel uns auf, dass die Menschen um uns herum immer jünger wurden – ein untrügliches Zeichen, dass wir nun auf dem College-Gelände waren. Durch das Tor gelangt, fanden wir die Bibliothek ohne Mühe.

Wir kauften rasch unsere Tickets und waren voller Vorfreude auf den Besuch.

Das Trinity College in Dublin gehört zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten Irlands. Es beeindruckt nicht nur durch seine lange Geschichte, sondern vor allem durch seine prachtvolle Bibliothek. Gegründet 1592, beherbergt das College heute Tausende von Studierenden. Die „Old Library“ mit ihrem endlosen Saal ist ein Ort, den man kaum vergisst: dunkles Holz, schier unendliche Regalreihen und ein ganz eigener, fast ehrfürchtiger Duft nach alten Büchern. Hier wird auch das berühmte „Book of Kells“ aufbewahrt – eine reich verzierte Handschrift aus dem 9. Jahrhundert, die zu den bedeutendsten Kulturschätzen Irlands zählt.

So weit die Theorie. In der Praxis fanden wir die Bibliothek fast völlig leer vor. Online hatte ich zwar gelesen, dass derzeit an den Büchern gearbeitet wird, doch nie hätte ich gedacht, dass dafür tatsächlich alle Bände gleichzeitig ausgeräumt werden. Wenig später erfuhren wir, dass die Bücher gerade gereinigt und konserviert werden.

Trotzdem war der Anblick beeindruckend. Mehr noch: Wir hatten das Glück, den Saal fast für uns allein zu haben. Gerade in dieser Leere lag eine besondere Stimmung – feierlich und still zugleich.

Das Licht war gedämpft, indirekt, und ich fühlte mich wie eine Figur aus einem Film, etwa Im Namen der Rose. Für jemanden wie mich, der Bücher liebt, war dieser Moment schlicht atemberaubend.

Als wir die Bibliothek wieder verließen, schlenderten wir noch über den Campus – und verspürten spontan Lust, selbst wieder zu studieren. Was für ein Luxus, sich in aller Ruhe mit Themen auseinanderzusetzen, Zusammenhänge immer tiefer zu verstehen und sich zum Experten auf einem Gebiet zu entwickeln. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auf dem Trinity College besonders viel Freude bereitet.

Als stille Beobachter durch Dublins Fußgängerzone

So langsam machten wir uns auf den Weg, noch ein paar weitere Sehenswürdigkeiten in Dublin zu erkunden. Wir drehten eine kleine Runde durch die Stadt, bevor wir unseren Besuch schließlich am Parkhaus beendeten.

Soundtrack einer Stadt – Straßenmusik auf der Grafton Street

Die Grafton Street ist der Soundtrack jeder Dublin-Reise. Hier wird einem eine kostenlose Show geboten – von traditioneller irischer Musik bis hin zu Rock und Pop.

Viele bekannte Musiker haben ihre Karriere genau hier begonnen: von Bono über Damien Rice bis hin zu Glen Hansard. Auch die heute weltbekannte Allie Sherlock stand mit gerade einmal zwölf Jahren auf der Grafton Street, bevor sie von Ellen DeGeneres entdeckt wurde und ihr Weg nach Hollywood begann.

Wir selbst sind in keinen der unzähligen Pubs eingekehrt, sondern kamen vor allem wegen des besonderen Ambientes – und wegen des Blicks auf die wunderschöne Kirche zwischen den bunten Läden.

Zwischen Hektik und Poesie: Unser Moment mit einem Straßenpoeten

Als wir durch die Fußgängerzone schlenderten, fiel uns sofort die unglaubliche Dichte an talentierten Straßenkünstlern auf. Allein hier hätte man problemlos einen ganzen Tag verbringen können, nur um die Darbietungen zu genießen.

Eine besonders schöne Begegnung hatten wir mit einem Künstler aus Berlin. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass Dan K. Sigurd dort lebt – und quasi selbst als „reisender Poet“ in Dublin unterwegs war. Vielmehr arbeitete er hier und bereitete den Menschen mit seiner Kunst Freude.

Still und warm eingepackt saß er hinter seiner Schreibmaschine inmitten des Trubels. Die meisten Passanten eilten an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Doch wer stehen blieb, konnte sein Schild lesen: „Give me 3 words and I’ll give you a poem.“

Auch wir blieben neugierig stehen, lasen das Schild und fanden die Idee großartig. Also traten wir zu ihm und sagten Hallo. Auf unsere typisch deutsche Frage, was ein Gedicht kosten solle, antwortete er nur: „So viel, wie ihr geben möchtet.“ Also überlegten wir gemeinsam drei Wörter. Wir beratschlagten uns auf Deutsch und gaben ihm schließlich die Worte auf Englisch.

Daraufhin sprach er uns überraschend auf Deutsch an. Er erzählte, dass er in Berlin lebt und aus Deutschland stammt. Ein schöner Zufall! Trotzdem entschieden wir uns, ihm drei englische Wörter zu geben. Es waren sicher nicht die besten, aber dafür spontane – und genau das machte den Moment besonders.

travel, ireland, clover

Während er über unser Gedicht nachdachte und es schließlich zu Papier brachte, fotografierte ich ihn. Ich wollte die besondere Stimmung festhalten, die er der sonst so belebten Fußgängerzone von Dublin verlieh. Alles war in Bewegung, voller Hektik – nur Dan saß ruhig hinter seiner Schreibmaschine und schenkte dem Ort eine fast meditative Atmosphäre.

Nach wenigen Minuten präsentierte er uns das fertige Gedicht. Es war wirklich gelungen und wird bald einen schönen Platz in unserer Wohnung finden – als Erinnerung, die uns ein Leben lang an unsere Zeit in Dublin begleiten wird.

Um mich bei ihm zu bedanken, druckte ich zwei meiner liebsten Fotos aus und schenkte sie ihm. Natürlich gaben wir ihm auch ein paar Euro für dieses wunderbare Gedicht, und zusätzlich kaufte ich noch eine signierte Ausgabe seines Buches.

Danke, Dan, für dieses einzigartige Souvenir!

if you go over
to Ireland
try to find a four-leaf-clover
my friend
and wonderful things will unravel
during your travel
you’ll be granted a wish
because that’s the luck of
the Irish
maybe there will be a few clouds in the sky above
but after the rain
there will be sunshine again
and probably a rainbow
so
go
to its end – there’s a pot of gold there
don’t you know?!

Dan K. Sigurd

Ein stiller Blick auf Dublin bei Nacht

Natürlich gab es in der Fußgängerzone noch vieles mehr zu entdecken. Doch vor allem die großartigen Straßenkünstler sind mir lebhaft in Erinnerung geblieben.

Langsam senkte sich die Dämmerung über die Stadt, die Lichter gingen an und tauchten Dublin in einen ganz besonderen Charme. Wir spazierten weiter durch das Zentrum, blieben immer wieder stehen und beobachteten die Menschen, die geschäftig durch die Straßen eilten. Für einen Moment wurden wir zu stillen Beobachtern Dublins.

Das Herz von Dublins Nachtleben: Das Temple-Bar-Viertel

Langsam wurden die Geschäfte weniger, und das Stadtbild wurde zunehmend von den zahlreichen Pubs geprägt. Natürlich dauerte es nicht lange, bis wir an der berühmten Temple Bar ankamen.

Die Temple Bar gilt als der bekannteste Pub Dublins – und ist gleichzeitig Namensgeber für das gleichnamige Viertel im Herzen der Stadt. Schon von außen zieht das Gebäude mit seiner roten Fassade und der markanten Beleuchtung alle Blicke auf sich. Innen erwartet einen das volle irische Pub-Erlebnis: Livemusik, reichlich Guinness und eine ansteckende Atmosphäre.

Doch die Temple Bar ist mehr als nur dieser eine Pub. Das Viertel selbst ist ein kulturelles Zentrum Dublins: Kopfsteinpflaster, enge Gassen, bunte Häuserfronten sowie eine Vielzahl an Bars, Restaurants und kleinen Läden prägen das Bild. Tagsüber lädt das Viertel zum entspannten Bummeln ein, während es sich am Abend in ein pulsierendes Zentrum des Nachtlebens verwandelt.

Wir selbst blieben auch hier stille Beobachter. Die Pubs waren voll, die Preise hoch, und uns stand der Sinn mehr nach einem Spaziergang durch die Straßen von Dublin. Dennoch nahmen wir uns vor: Sollten wir noch einmal nach Irland reisen, wollen wir unbedingt auch in einem der Pubs einkehren. Für diese Reise jedoch gab es genug andere schöne Dinge zu entdecken.

Ein literarischer Abschied von Dublin: Wo James Joyce noch heute durch die Straßen blickt

Viel lieber als in einen Pub wäre ich in einen Buchladen gegangen, um mir ein Werk von James Joyce zu kaufen.

James Joyce zählt zu den bekanntesten Schriftstellern Irlands und ist untrennbar mit Dublin verbunden. Werke wie Ulysses oder Dubliner machten ihn weltberühmt und zeigen die Stadt aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln.

Leider waren wir jedoch zu spät unterwegs, sodass die schönen, inhabergeführten Buchläden bereits geschlossen hatten. Der geplante Buchkauf fiel für mich also aus. Wirklich schade war es nicht – machen wir uns nichts vor: Ein englischsprachiges Buch würde auf meinem Lesestapel vermutlich ohnehin immer weiter nach unten rutschen.

Unser Abschied von Dublin erhielt dennoch eine literarische Note. In der O’Connell Street erinnert heute eine Statue an den Autor: James Joyce, mit Spazierstock und markantem Blick, steht dort fast so, als würde er gleich durch die Stadt schlendern, die er literarisch unsterblich gemacht hat. Für mich war dieser literarische Stopp ein schöner Abschluss, bevor wir Dublin mit unserem Mietwagen verließen und uns auf den Weg nach Malahide machten.

Ein Tag mit Künstlern, kleinen Abenteuern und Fish ’n‘ Chips am Abend

Was für einen schönen Samstag wir erlebt hatten! Am Vormittag versuchten wir, Pat in Slane zu besuchen. Das klappte jedoch nicht – wie sich herausstellte, war er gerade auf Teneriffa und ging dort seiner Kunst nach. Statt sein Studio zu besichtigen, gönnten wir uns zwei Stücke einer fantastischen Torte und unternahmen eine kleine, aber nicht minder stürmische Wanderung auf den Hill of Slane.

Den Nachmittag und frühen Abend verbrachten wir anschließend in Dublin. Zu Beginn unseres Besuchs wussten wir noch nicht, dass wir an diesem Tag trotzdem einen Künstler kennenlernen würden: Dan K. Sigurd aus Berlin. Zugegeben – es wäre wohl einfacher gewesen, in den Berliner Mauerpark zu fahren, um ihn zu treffen und uns von ihm ein Gedicht schreiben zu lassen. Doch an diesem Tag war er in Dublin, wo er Menschen mit seiner Kunst eine Freude bereitete.

Den Abend dieses wunderbaren Tages ließen wir schließlich entspannt in unserer Wohnung in Malahide ausklingen – mit frischen Fish and Chips, einem kühlen Softdrink und einem Film auf Netflix. Ein perfekter Abschluss, bevor uns am nächsten Tag schon neue Abenteuer in Irland erwarteten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.