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In 80 Tagen um die Welt – Unterwegs auf dem Golden Triangle in Indien – Teil 2: Mit Babu durch Rajasthan nach Jaipur

Wie schon im letzten Indien Blogpost beschrieben, war unser Start in Indien sehr holprig. Wir ließen uns überrumpeln und buchten einen fertig organisierten Trip. Schon bald merkten wir jedoch, dass das nichts für uns war – und dass wir dieses Problem, das uns durch Indien zunehmend belastete, lösen mussten. Wir wollten die Reise wieder zu unserer eigenen machen: selbstbestimmt, in unserem Tempo.

Wie wir das geschafft haben – und warum solch herausfordernde Situationen oft auch etwas Gutes in sich tragen – davon möchte ich dir in diesem Reisbericht erzählen. Und ganz nebenbei nehmen wir dich mit in die Hauptstadt Rajasthans: Jaipur.

Hier sollte sich unsere Reise endlich verändern.

Auf nach Jaipur – bald sollte sich Vieles ändern

Die vergangenen Tage waren anstrengend. Unser Zimmer in Delhi war alles andere als angenehm: kein Fenster, keine funktionierende Lüftung. Zwar kühlte es sich draußen am Abend auf etwa 15 °C ab (bei rund 30 °C am Tag), doch davon merkten wir nichts. Im Zimmer war es dauerhaft stickig und dunkel, Sauerstoff schien kaum vorhanden. Lüften ging nur, indem wir die Zimmertür offenließen – und selbst dann bekamen wir nur die abgestandene Luft aus dem Flur ab.

Umso mehr freuten wir uns, Delhi und das Hotel endlich hinter uns zu lassen. Endlich konnten wir sehen, wie die Menschen auf dem Land lebten – und endlich reisten wir wirklich durch Indien.

Zu früh gefreut, …

… Delhi verabschiedete uns mit einem gigantischen Stau stadtauswärts. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Wir standen einfach – über mehrere Spuren hinweg, eine gefühlte Ewigkeit. Allmählich wurde es heiß, die Luft stickig. Sehr stickig.

Nichts bewegte sich, aber trotzdem hupte es ununterbrochen. Für uns machte es wenig Sinn, den Stillstand mit noch mehr Hupen zu „bearbeiten“. Zwischen den Autos zogen Kühe hindurch, hin und wieder auch Pilgergruppen, die ebenfalls versuchten, Delhi hinter sich zu lassen.

Wie auch immer – wir machten das Beste daraus und genossen die Zeit mit Babu im Stau. Wir unterhielten uns eine Weile, und so erfuhren wir einiges über Indien. Doch sobald Babu keine Lust mehr auf Gespräche hatte, war es wieder Zeit für Boogie: Er drehte das Radio laut auf. Da die Lautsprecher direkt hinter uns montiert waren, konnten wir uns auf der Rückbank dann kaum noch verständigen.

Eine Landpartie nach Jaipur

Endlich rollte es. Nach und nach löste sich der Stau auf, und wir bewegten uns endlich in Richtung Jaipur. Unterwegs sahen wir viele Pilgergruppen auf den Straßen. Meist fuhr vorneweg ein Traktor mit Anhänger, darauf eine wuchtige Musikanlage. Auf dem Anhänger saßen auch jene Pilger, die zu schwach zum Laufen waren. Die Musik hingegen hatte volle Power – und beschallte locker den gesamten Quadratkilometer drumherum.

Trotz der Lautstärke war es eine wunderbare Abwechslung, dieses Spektakel aus dem Auto heraus zu beobachten: die Gesichter der Menschen zu sehen, ihre Begeisterung für die Religion zu spüren, ihre Gesänge und die Musik zu hören.

Langweilig wurde es im Auto nie, doch irgendwann war eine Pause willkommen. Natürlich kannte Babu auch hier eine Raststätte – für indische Verhältnisse völlig überteuert. Man konnte sich ein paar Snacks kaufen, mit den Besitzern über Souvenirpreise feilschen – und ganz nebenbei kassierte Babu wie die anderen Guides seine Provision und trank kostenlosen Kaffee. Aber wer könnte es ihm verübeln? Ich gönnte es ihm von Herzen.

Zurück im Auto rauschte die Landschaft vorbei – ebenso der Verkehr, manchmal sogar der Gegenverkehr. Babus Fahrweise war insgesamt solide, wenn auch hin und wieder etwas unüberlegt. Am Ende kamen wir gesund und munter in Jaipur an. Und das, obwohl wir die gesamte Strecke mit eingeklappten Seitenspiegeln gefahren waren. Praktisch war das jedoch allemal: Immer dann, wenn Babu mit kräftigem Hupen eine neue Spur zwischen zwei LKWs eröffnete, war das Auto so immerhin ein gutes Stück schmaler.

Obwohl wir längst in Jaipur angekommen waren, ließ es sich Babu nicht nehmen, noch einen letzten Versuch zu starten, ein wenig Provision über unsere Einkäufe einzustreichen. Dieses Mal brachte er uns zu einem lokalen Textilhändler und angeblichen Produzenten. Laut Aussagen des Besitzers wurden hier Anzüge für die ganz großen Mode-Labels genäht – und wir hätten nun die Gelegenheit, diese exklusiven Stücke direkt in Indien zu kaufen.

Für mich wirkte es allerdings eher so, als seien die Menschen hinter den Nähmaschinen Statisten, die gar nicht wirklich nähten. Wer weiß …

Nach dem Rundgang beschlossen wir jedenfalls, nichts zu kaufen. So günstig waren die Klamotten dann doch nicht.

Mit dieser Entscheidung kippte leider Babus Stimmung. Der Boogie aus dem Autoradio wurde immer lauter – fast so, als wollte er uns mit der Lautstärke strafen. Vielleicht hatte er längst bemerkt, dass uns die Musik nervte, und drehte den Regler deshalb noch weiter in Richtung Maximum?

Die Indien-Reise beginnt in Jaipur

Jaipur ist die Hauptstadt des indischen Bundesstaates Rajasthan und hat rund drei Millionen Einwohner. Trotz dieser riesigen Menschenmenge haben wir die Stadt als überraschend gemütlich erlebt. Wir fühlten uns sofort wohl und haben die Zeit in Jaipur sehr genossen – nicht zuletzt dank unserer fantastischen Unterkunft.

Auch Babu trug seinen Teil dazu bei. Er schwärmte von Jaipur und ganz Rajasthan. Diese Region ist seine Heimat, die er wie seine Westentasche kennt. Entsprechend stellte er uns vielen Straßenhändlern vor – natürlich mit der Hoffnung, dass wir bei ihnen ein wenig Geld ausgeben würden.

„Welcome Home“ im „Home of the World“ Homestay in Jaipur

Nach einem fast ganzen Tag im Auto erreichten wir schließlich unser kleines Paradies. Babus Laune hatte bereits zur Mittagszeit einen Tiefpunkt erreicht – nämlich in dem Moment, als wir ihm sagten, dass wir uns eine eigene Unterkunft organisiert hatten und nicht in das Hotel wollten, mit dem seine Travel Agency zusammenarbeitete.

Und genau das war unser größtes Glück in Indien. So lernten wir Shubam kennen, seine Angestellten, die das wunderschöne Homestay am Laufen hielten, und natürlich viele neue Freunde, mit denen wir täglich lachten, aßen und diskutierten.

In Shubams Homestay kamen wir tatsächlich zum ersten Mal in Indien richtig an. Vom ersten Augenblick an hatten wir ein gutes Gefühl. Shubam zeigte uns sein Haus, führte uns in unser Zimmer und gab uns einfach das Gefühl, willkommen zu sein. Im extrem günstigen Preis war praktisch alles inbegriffen: ein leckeres Frühstück, ein üppiges Abendessen und unzählige Tassen Ginger-Lemon-Honey-Tea.

Abends saßen wir mit den neu gewonnenen Freunden zusammen, tauschten Reisegeschichten aus und verbrachten stundenlang quatschend bei Tee die Zeit.

Wir verlängerten unseren Aufenthalt so, wie wir es am liebsten tun: Tag für Tag, Nacht für Nacht. Eine Nacht schliefen wir sogar gemeinsam mit den Angestellten in einem Zimmer.

Wir fühlten uns rundum wohl. Das lag nicht nur an der Unterkunft selbst, sondern vor allem an den Menschen, die wir kennenlernen durften – und an der wunderbaren Zeit, die wir mit ihnen verbrachten.

Jaipur genießen und Babu verabschieden

Endlich hatten wir das Gefühl, wirklich in Indien angekommen zu sein. Wir hatten eine wunderschöne, ruhige und vertrauensvolle Homebase gefunden. Von da an hatte ich die Energie, das Land zu genießen und mich auf die Menschen einzulassen. Vorher standen wir gefühlt ständig unter Stress.

Oft war es so: Person A warnte uns vor Person B – und nebenbei betrog uns Person A gleich selbst. So lief das Spiel in etwa ab.

Shubam, der Besitzer unseres Homestays in Jaipur, war anders. Er hatte selbst viel von der Welt gesehen und bezeichnete sich als Reisenden. Er sagte, Indien habe es noch nicht verstanden, nachhaltig mit Touristen umzugehen. Viele würden nur das schnelle Geld sehen und Touristen übers Ohr hauen, ohne zu begreifen, dass diese Reisenden dann nie wieder zurückkommen – und daheim gleich zehn weiteren Menschen von Indien abraten.

Bei Shubam fühlten wir uns dagegen rundum wohl. Er half uns, Rikscha-Fahrten zu organisieren, die uns zuverlässig an unser Ziel brachten, er kümmerte sich um den Transport in die nächste Stadt und gab uns Restauranttipps, bei denen das Essen auch für unsere europäischen Mägen bekömmlich war.

Eigentlich war alles perfekt – wären da nicht die Fesseln des gebuchten Trips gewesen. Ursprünglich hätten wir in Jaipur nur eine Nacht verbracht und wären dann gleich weitergereist. Kurzentschlossen sagten wir Babu und seinem Chef, dass wir kein Interesse mehr an der Tour hatten. Dem Chef war das völlig egal – er hatte sein Geld bereits. Und Babu? Nun, er bekam dadurch ein paar freie Tage. Ich hoffe nur, dass auch er sein Geld im Voraus erhalten hatte.

Endlich fühlten wir uns wieder frei.

Wir genossen die Zeit in unserem Homestay, und ich zog durch die Straßen, um die Menschen in der Nachbarschaft zu fotografieren. Hier zeigte sich ein ganz anderes Bild: Niemand war aufdringlich, im Gegenteil – die Menschen freuten sich sehr, als ich ihnen die Bilder schenkte.

Und wieder wurde mir bewusst, was das Reisen im Kern für mich bedeutet: genau diese unbezahlbaren Momente. Begegnungen mit Menschen, die man sonst nie im Leben getroffen hätte. Ihnen mit einer kleinen Geste Freude zu bereiten. Ihnen in diesem kurzen gemeinsamen Augenblick ein Lächeln zu schenken. Ein Stück Lebenszeit zu teilen – so, dass ihr Tag ein wenig schöner wird und sie am Abend vielleicht mit einem Lächeln im Gesicht von unserer Begegnung erzählen.

Natürlich haben wir uns auch einige Sehenswürdigkeiten angesehen – darunter das Fort Amber, den Hawa Mahal (Palast der Winde) und die wunderschöne, wuselige Innenstadt. Ein kleiner Geheimtipp ist das Minarett Isarlat: Von dort hat man nicht nur einen großartigen Ausblick über Jaipur, sondern vor allem auch seine Ruhe.

Unsere Learnings aus der New-Delhi-Affäre

Was haben wir daraus gelernt? Unsere Freiheit beim Reisen ist uns unglaublich wichtig. Beim nächsten Mal müssen wir stärker auf unser Gefühl hören – und uns einfach mehr Zeit lassen. Dieses Mal standen wir irgendwie unter Stress: Wir wollten alles schnell organisieren, hatten noch keine Kontakte in Indien, und vieles lief von Anfang an nervig ab.

Obwohl wir eigentlich auf Reisen waren, haben wir uns keine Zeit genommen, in Indien wirklich anzukommen. Deshalb haben wir zu schnell und zu leichtsinnig Entscheidungen getroffen.

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